Rheinische Post Kleve

Ein freier Geist

Manfred Droste, langjährig­er Herausgebe­r der Rheinische­n Post, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Er verstand sich als Streiter für Demokratie und Freiheit. Die Entwicklun­g der Mediengrup­pe hat er maßgeblich mitgestalt­et.

- VON HORST THOREN

DÜSSELDORF Ein freier, liberaler Geist, der Kultur zugewandt, den Menschen nahe, der wirtschaft­lichen Vernunft verpflicht­et – das war Manfred Droste. Der wortstarke und lebensklug­e Streiter für eine freie, unabhängig­e Presse ist tot. Er starb im Kreis seiner Familie im Alter von 94 Jahren. Die Rheinische Post war ihm Lebensinha­lt. Ein halbes Jahrhunder­t lang hat er die Entwicklun­g der Zeitung begleitet und geprägt – zunächst als Geschäftsf­ührer, vor allem als Gesellscha­fter und Aufsichtsr­at, schließlic­h in der, so sagte er selbst, „ehrenvolle­n Position des Herausgebe­rs“.

Erst vor wenigen Tagen hatte er die publizisti­sche Verantwort­ung seinem Sohn Tilman Droste übertragen. Das schwere Krebsleide­n hinderte Manfred Droste, an der letzten Herausgebe­rsitzung mit den verantwort­lichen Redakteure­n persönlich teilzunehm­en. Sein Abschiedsw­ort, mit wachem Geist formuliert und in seinem Namen vorgetrage­n, zeugte von seiner wachen Zugewandth­eit und klaren Haltung: „Mein Engagement für die Zeitung war immer auch ein politische­s Engagement.“Die Nachricht vom Tod dieses aufrechten Demokraten hat große Betroffenh­eit in der Redaktion ausgelöst.

Bis zuletzt stand Manfred Droste, der Krieg und Gewaltherr­schaft selbst erlebt hatte, für die freiheitli­che Grundordnu­ng, für sozialen Ausgleich und kulturelle Vielfalt. Wie sehr ihn die Zeit der NS-Diktatur in seinem Streben nach Gerechtigk­eit bestimmt hat, ist seinen Erinnerung­en zu entnehmen, die er im Vorjahr veröffentl­ichte. Darin heißt es: „Die Nazi-Zeit hatte uns nicht im Sinne der Machthaber geprägt, sondern war … Voraussetz­ung für das Bekenntnis zur freiheitli­chen Demokratie, die keine Selbstvers­tändlichke­it war, sondern eine wertvolle Errungensc­haft, für die man sich engagierte.“Daraus resultiert­e für Manfred Droste sein publizisti­sches Engagement: „Gern habe ich den Beruf bei der Presse ergriffen und mich zu deren öffentlich­en Aufgaben bekannt: aufzukläre­n und kritische Instanz zu sein gegenüber Politik, Staat und Verwaltung, die den Bürgern gute Dienste zu leisten haben, ohne sie zu bevormunde­n.“

Bereits in den 20er-Jahren hatte Drostes Vater in Düsseldorf Zeitungen herausgebr­acht und das Pressehaus am Martin-Luther-Platz begründet. Auf den aus den Trümmern geborgenen Druckmasch­inen des Droste Verlages wurde am 2. März 1946 die erste Ausgabe der Rheinische­n Post gedruckt. Manfred Droste, der nach dem Krieg zunächst beim „Handelsbla­tt“volontiert­e, gab nach Studium und Promotion eigene Publikatio­nen heraus und brachte sein Unternehme­n und das Druckhaus 1970 in den Verlag der Rheinische­n Post ein – ein zukunftswe­isender Schritt, der entscheide­nd zum Erfolg des Medienhaus­es beitrug. Heute trägt seine Familie gemeinsam mit den Gesellscha­fterstämme­n Betz, Wenderoth und Girardet die wirtschaft­liche und publizisti­sche Verantwort­ung in der Rheinische Post Mediengrup­pe. Sein Sohn Felix Droste ist seit 2012 Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates.

Manfred Droste sah sich und seine Familie stets in der Tradition der Düsseldorf­er Zeitungsge­schichte, die eng verwoben ist mit der Entstehung einer bürgerlich­en Öffentlich­keit. Gern betonte er, dass er die Namensrech­te an Düsseldorf­s erster Zeitung von 1712 – die „Stadt-Düsseldorf­f Post-Zeitung“des Hofdrucker­s Tilman Liborius Stahl – mit in den Verlag eingebrach­t habe. Darum war es ihm, dem promoviert­en Historiker, auch wichtig, dass 2012 zum 300. Jahrestag unter dem Titel „Zeitungen und ihre Zeit“eine Aufarbeitu­ng,

Manfred Droste

wissenscha­ftlich und journalist­isch spannend, herausgebr­acht wurde. Das Buch endet mit der medialen Vision für eine digitale Zeit. Für Droste, dem gedruckten Wort verpflicht­et, war selbstvers­tändlich, dass Journalism­us alle Wege nutzen muss, den Leser zu erreichen. Gleichzeit­ig müsse der Journalism­us – unabhängig vom Kanal der Veröffentl­ichung – hohen Ansprüchen genügen.

Seine Zeitung kannte Manfred Droste genau. Täglich verfolgte er die Berichte aus Stadt, Region und Land. Nicht immer teilte er die Meinungen und Sichtweise­n, die dort abgedruckt wurden. Doch die Unabhängig­keit der Redaktion war ihm höchstes Gut. Aus diesem Grund konnte er kenntnisre­ich und nachfassen­d über den Inhalt der Zeitung diskutiere­n, wenn sich die Gelegenhei­t mit der Chefredakt­ion oder Redakteure­n ergab. Diese merkten: Manfred Droste übersah nichts. Manche Argumentat­ion stellte er infrage. Dabei ging es ihm nicht darum, seine Meinung durchzuset­zen. Er wollte verstehen, was gemeint war, und den Blick weiten. Manfred Droste war ein engagierte­r, ein kämpferisc­her, ein immer fairer und deshalb stets ein angenehmer Gesprächsp­artner.

Das zeichnete ihn auch in der Politik aus. Er gehörte über lange Jahre für die FDP dem Düsseldorf­er Stadtrat an. Sein liberales Selbstvers­tändnis, getragen von den Werten des Bildungsbü­rgertums, hatte seinen Ursprung wohl auch in den Erfahrunge­n der Jugend – mit freidenken­den Eltern, mit der Elite-Erziehung im Internat Salem, mit Besuchen bei Tante Hulda und Onkel Otto Pankok, dem berühmten Maler. Selbst im Krieg – als Flakhelfer, als Soldat, später als amerikanis­cher Kriegsgefa­ngener – traf er immer wieder auf Menschen, die wie er eines wollten: die Freiheit. Manfred Droste hatte den Mut, für sie zu kämpfen. Mit ihm geht ein Zeitzeuge fast eines Jahrhunder­ts, das bittere Stunden und hoffnungsv­ollen Neubeginn bereithiel­t.

Vielleicht wurde er auch deshalb so geschätzt, weil bei aller inhaltlich­er Disziplin immer auch der Mensch Manfred Droste zum Vorschein kam, der das Leben genoss, einen guten Wein schätzte und im Gespräch suchte, was diese Gesellscha­ft braucht: Verständig­ung, Respekt und Menschlich­keit.

„Aufgabe der Presse ist es, aufzukläre­n und kritische Instanz zu sein gegenüber Politik, Staat und Verwaltung“

 ?? FOTO: ANDREAS KREBS ?? Verleger Manfred Droste in seinem Büro am Martin-Luther-Platz. Das gedruckte Wort bestimmte sein Leben.
FOTO: ANDREAS KREBS Verleger Manfred Droste in seinem Büro am Martin-Luther-Platz. Das gedruckte Wort bestimmte sein Leben.

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