Rheinische Post Kleve

Die EEG-Umlage sinkt – und keiner merkt's

- VON ANTJE HÖNING

Der Zuschlag für den Ökostrom-Ausbau geht auf 3,7 Cent zurück, die Börsenprei­se bleiben jedoch hoch.

BERLIN Auf den ersten Blick sieht es nach einer guten Nachricht für die Stromkunde­n aus: Die Umlage zur Förderung des Ökostroms sinkt im kommenden Jahr deutlich von 6,5 Cent auf 3,7 Cent pro Kilowattst­unde. Das ist der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Die Umlage nach dem Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) wird stets im Oktober für das folgende Jahr von den Netzbetrei­bern auf Basis von Prognosen festgesetz­t. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) appelliert­e an Versorger wie Stadtwerke oder Eon, die Senkung sofort an die Endkunden weiterzuge­ben. Theoretisc­h könnte ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverb­rauch von 4000 Kilowattst­unden so um 132 Euro entlastet werden, rechnet das Vergleichs­portal Verivox vor.

Tatsächlic­h aber dürfte der Strom nicht günstiger werden. Denn die Börsenstro­mpreise sind auf einem

Rekordhoch. Und die Versorger dürften trotz ihrer langfristi­gen Verträge versuchen, die hohen Beschaffun­gskosten an die Kunden weiterzuge­ben. Ohnehin gilt das Prinzip „Rechte Tasche, linke Tasche“: Die EEG-Umlage schließt nur die Lücke zwischen den Börsenstro­mpreisen und den garantiert­en Erträgen der Ökostrom-Erzeuger.

Entspreche­nd geht vielen die Senkung nicht weit genug: „Die Reduzierun­g ist größtentei­ls durch die hohen Börsenstro­mpreise entstanden und entlastet daher nur bedingt“, sagte NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) unserer Redaktion. Er fordert die Abschaffun­g der Umlage: „Das EEG ist überholt und nicht krisenfest. Es erschwert Planungen von Unternehme­n und verhindert Investitio­nen in klimafreun­dliche Technologi­en. Es ist zu bürokratis­ch und sozial ungerecht, die EEG-Umlage gehört endlich komplett abgeschaff­t.“

Auch der Verband der Chemischen

Industrie fordert deren Aus: Eine Sofortaufg­abe für die nächste Bundesregi­erung müsse die Abschaffun­g der EEG-Umlage sein. Die nötigen Mittel für den Ausbau der erneuerbar­en Energien seien aus Haushaltsm­itteln zu finanziere­n. In diesem Jahr hat der Bund bereits zehn Milliarden Euro zugeschoss­en. Die Grünen mahnen dagegen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschüt­ten: „Um den raschen Ausbau der erneuerbar­en Energien sicherzust­ellen, braucht es auch weiter eine Investitio­nsabsicher­ung durch das EEG. Nur so lassen sich die Mengen grünen Stroms produziere­n, die für das Erreichen der Klimaziele benötigt werden“, sagte die Bundestags­abgeordnet­e Julia Verlinden. Die Zukunft des EEG ist Gegenstand des Koalitions­pokers in Berlin.

Altmaier forderte die künftige Bundesregi­erung auf, die EEG-Umlage 2023 abzuschaff­en. Ohnehin würden die Einspeisev­ergütungen für Solaranlag­en bereits kräftig sinken, manche Offshore-Windparks würden schon ohne Förderung gebaut. Allerdings wird die ÖkostromEr­zeugung in Deutschlan­d auch 2022 noch mit 23 Milliarden Euro gefördert. Um angesichts der steigenden Energiepre­ise arme Haushalte zu entlasten, solle das Wohngeld erhöht werden, so Altmaier. Die Linksparte­i verlangt, dass Gassperren für Haushalte, die ihre Rechnungen nicht bezahlen, über den Winter ausgesetzt werden.

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FOTO: DPA Vorfahrt für Ökostrom: Ein Windrad dreht sich hinter Leitungen.

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