Rheinische Post Kleve

Der neue Irrweg von Jens Spahn

- VON ANTJE HÖNING

Der Gesundheit­sminister hat recht: So kommt Deutschlan­d nicht durch den Corona-Winter. Impfverwei­gerer gefährden Kinder, die sich nicht schützen können, und Ältere, bei denen der Schutz nachlässt. Booster-Impfungen sind nötig. Doch Spahns Pläne hierzu sind falsch und durchsicht­ig zugleich. Er will, dass die Länder alle ab 60 zur Auffrischu­ng einladen. Virologisc­h gibt es dafür Gründe. Doch dann muss er auch sagen: Liebe Ärzte, vergesst die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) und hört ab jetzt auf die Politik. Die Stiko empfiehlt den Booster ab 70. So lange nicht klar ist, welches Wort gilt, werden Patienten und Ärzte maximal verunsiche­rt. Spahn dürfte einen Ansturm auf die Praxen auslösen. Daher will er auch die Impfzentre­n wieder öffnen. Dabei war es Spahn, der ihnen den Geldhahn zudrehte, weil die Parallelst­ruktur zu teuer ist. Und es war Spahn, der lange auf Astrazenec­a gesetzt hatte, obwohl genau dieses Vakzin bei Älteren nun zum Problem wird. Spahns Vorstellun­g, dass die Impfzentre­n „stand by“stehen, ist naiv. Berlin ist zum Abbau seiner Zentren vielleicht noch nicht gekommen. Doch in anderen Ländern ist kein Personal „stand by“. Wir brauchen keine Impfzentre­n, wir brauchen ein Konzept für die Booster-Impfungen. Jeder hat Anspruch auf sie, auf Dauer wird sie fast jeder brauchen.

Spahn spricht wie ein Opposition­spolitiker, der sich um die Umsetzung steiler Forderunge­n nicht mehr kümmert. Das dürfte auch mit dem Mitglieder­entscheid zum CDU-Vorsitz zu tun haben. Das Ende der „epidemisch­en Lage“war schon ein populistis­cher Vorschlag. Der Ruf nach einer Renaissanc­e der Impfzentre­n ist es erst recht. Auch ein geschäftsf­ührender Minister sollte verantwort­ungsvoll handeln. Oder soll „groß im Reden, klein im Handeln“der Eindruck sein, mit dem Spahn Merkels Erbe antreten will?

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