Der neue Irrweg von Jens Spahn
Der Gesundheitsminister hat recht: So kommt Deutschland nicht durch den Corona-Winter. Impfverweigerer gefährden Kinder, die sich nicht schützen können, und Ältere, bei denen der Schutz nachlässt. Booster-Impfungen sind nötig. Doch Spahns Pläne hierzu sind falsch und durchsichtig zugleich. Er will, dass die Länder alle ab 60 zur Auffrischung einladen. Virologisch gibt es dafür Gründe. Doch dann muss er auch sagen: Liebe Ärzte, vergesst die Ständige Impfkommission (Stiko) und hört ab jetzt auf die Politik. Die Stiko empfiehlt den Booster ab 70. So lange nicht klar ist, welches Wort gilt, werden Patienten und Ärzte maximal verunsichert. Spahn dürfte einen Ansturm auf die Praxen auslösen. Daher will er auch die Impfzentren wieder öffnen. Dabei war es Spahn, der ihnen den Geldhahn zudrehte, weil die Parallelstruktur zu teuer ist. Und es war Spahn, der lange auf Astrazeneca gesetzt hatte, obwohl genau dieses Vakzin bei Älteren nun zum Problem wird. Spahns Vorstellung, dass die Impfzentren „stand by“stehen, ist naiv. Berlin ist zum Abbau seiner Zentren vielleicht noch nicht gekommen. Doch in anderen Ländern ist kein Personal „stand by“. Wir brauchen keine Impfzentren, wir brauchen ein Konzept für die Booster-Impfungen. Jeder hat Anspruch auf sie, auf Dauer wird sie fast jeder brauchen.
Spahn spricht wie ein Oppositionspolitiker, der sich um die Umsetzung steiler Forderungen nicht mehr kümmert. Das dürfte auch mit dem Mitgliederentscheid zum CDU-Vorsitz zu tun haben. Das Ende der „epidemischen Lage“war schon ein populistischer Vorschlag. Der Ruf nach einer Renaissance der Impfzentren ist es erst recht. Auch ein geschäftsführender Minister sollte verantwortungsvoll handeln. Oder soll „groß im Reden, klein im Handeln“der Eindruck sein, mit dem Spahn Merkels Erbe antreten will?
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