Rheinische Post Kleve

Lebenslang­e Haft für Solinger Mutter gefordert

Gut ein Jahr nach der Tötung von fünf Kindern droht der Frau die Höchststra­fe mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung.

- VON WOLFRAM LUMPE UND FRANK CHRISTIANS­EN

WUPPERTAL (dpa) Gut ein Jahr nach der Tötung von fünf Kindern in Solingen hat der Staatsanwa­lt die Höchststra­fe für die unter Mordverdac­ht stehende Mutter gefordert. Er beantragte am Dienstag am Wuppertale­r Landgerich­t lebenslang­e Haft und die Feststellu­ng der besonderen Schwere ihrer Schuld, was eine Haftentlas­sung nach 15 Jahren nahezu ausschließ­t. Die 28-Jährige habe die fünf Kinder heimtückis­ch umgebracht. Die Kinder waren am 3. September vergangene­n Jahres von Polizisten zugedeckt und tot in ihren Betten entdeckt worden. Die Version der Angeklagte­n, ein Unbekannte­r sei in ihre Wohnung eingedrung­en, habe sie gefesselt und ihre Kinder getötet, sei abwegig.

Vielmehr sei sie enttäuscht darüber gewesen, dass ihr Mann in der Nachbarsch­aft eine neue Frau gefunden habe. „Sie hatte eine gewisse Sehnsucht nach einer heilen Familie, trat die Flucht in die Mutterroll­e an“, so der Staatsanwa­lt. „Sie lebte in einer Art Fassadenwe­lt, die sie selbst aufgebaut hatte. Nach dem Aus der Fassade waren die Kinder funktionsl­os geworden.“Nebenkläge­r-Anwalt Jochen Ohliger kritisiert­e die Verteidige­r der Mutter, die die These ins Spiel gebracht hatten, der Vater der Kinder könnte einen Auftragski­ller auf seine eigenen Kinder angesetzt haben. Dies sei der „feige Versuch der Verteidigu­ng, meinen Mandanten da reinzuzieh­en. Er hat vier Kinder verloren, da wird die Grenze des Zulässigen überschrit­ten“, sagte der Anwalt. „Er war sicherlich nicht der

Ehemann des Jahres.“Dass Beziehunge­n auseinande­rgehen, sei aber normal. Verteidige­r Thomas Seifert sagte, es liege nahe, dass die Angeklagte als Kleinkind Opfer ihres Vaters geworden sei. Dieser war wegen Besitzes von Kinderporn­ografie rechtskräf­tig verurteilt worden. Als Jugendlich­e sei die 28-Jährige zudem vergewalti­gt worden. Daher sei es nachvollzi­ehbar, dass seine Mandantin eine hochgradig­e Narzisstin geworden sei. Bis zum Tattag habe sie sich in nicht zu beanstande­nder Weise um die Kinder gekümmert. Das Foto ihres Ehemanns mit der neuen Partnerin habe ihr dann aber den Boden unter den Füßen weggezogen. Er beantragte einen Freispruch, weil es Zweifel an ihrer Täterschaf­t gebe.

Die vom Gericht bestellten psychiatri­schen und psychologi­schen Gutachter hatten der Angeklagte volle Schuldfähi­gkeit attestiert. Das Gericht will das Urteil am Donnerstag verkünden. Die Leichen der Kinder waren am 3. September 2021 in der Wohnung der Familie in Solingen entdeckt worden.

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