Rheinische Post Kleve

100 Staaten wollen Waldzerstö­rung stoppen

Eine globale Allianz will die Entwaldung bis 2030 aufhalten. Umweltschü­tzer haben ihre Zweifel.

- VON JAN DREBES

GLASGOW Mehr als 100 Staaten haben auf der Weltklimak­onferenz in Glasgow einen Pakt geschlosse­n, um spätestens bis 2030 die Zerstörung von Wäldern und anderen wertvollen Ökosysteme­n zu stoppen. Die beteiligte­n Länder verfügen über 85 Prozent der weltweiten Waldfläche, also etwa 34 Millionen Quadratkil­ometer, wie die britische COP26Präsi­dentschaft bekanntgab.

An den Pakt zum Schutz der Wälder angeschlos­sen haben sich Deutschlan­d und die gesamte EU, aber vor allem auch die Staaten mit den größten Wäldern überhaupt: Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien sowie China, Norwegen und die Demokratis­che Republik Kongo. Für das Vorhaben sollen bis 2025 etwa zwölf Milliarden US-Dollar

(rund 10,3 Milliarden Euro) an öffentlich­en Geldern mobilisier­t werden. Hinzu kommen 7,2 Milliarden US-Dollar an privaten Investitio­nen.

Den Wäldern kommt eine enorme Bedeutung beim Klimaschut­z zu. Insbesonde­re die Tropenwäld­er stellen einen gigantisch­en Kohlenstof­fspeicher dar: Sie binden aufgrund ihrer gewaltigen Biomasse 50 Mal mehr Kohlenstof­f als andere Wälder. Werden sie gerodet, setzen sie diese Mengen in Form von Kohlendiox­id (CO2) wieder frei.

Die Zerstörung der Wälder hat bedrohlich­e Ausmaße angenommen. Der Mensch hat bereits die Hälfte aller Wälder weltweit vernichtet, auch wenn das Tempo der Zerstörung in den vergangene­n Jahren leicht abgenommen hat. Allein die Zerstörung der Tropenwäld­er ist nach Angaben der Organisati­on Global Forest Watch daher für etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwort­lich.

Einer der häufigsten Treiber der Entwaldung ist demnach die Ausweitung von kommerziel­ler Landwirtsc­haft. In vielen Fällen müssen Wälder auch dem Bergbau oder der anderweiti­gen Gewinnung von Rohstoffen weichen. Eine dritte Ursache der Entwaldung ist der Bau von Infrastruk­tur wie Straßen oder Wasserkraf­twerken sowie die Expansion von Städten. Auch Brände tragen in zunehmende­m Maße zur Vernichtun­g der Wälder bei.

Experten kommentier­ten die Pläne teilweise mit Skepsis. Greenpeace kritisiert­e, dass die Glasgower Initiative praktisch grünes Licht gebe für ein weiteres Jahrzehnt der Entwaldung. Eine ähnliche Erklärung aus dem Jahr 2014 habe sich als vollkommen wirkungslo­s erwiesen, sagte etwa der Klima- und Waldexpert­e Simon Lewis vom University College London der BBC. Silvia Holten von World Vision sprach von einer „halbgaren Mogelpacku­ng“. Auch der World Wildlife Fund (WWF) zeigte sich skeptisch. „Die Ankündigun­g der Staats- und Regierungs­chefs zeigt in die richtige Richtung, droht jedoch zu verpuffen, wenn sie nicht zügig mit verbindlic­hen Abkommen abgesicher­t wird“, sagte Susanne Winter, Programmle­iterin Wald beim WWF Deutschlan­d.

„Die Erklärung ist eine halbgare Mogelpacku­ng“

Silvia Holten World Vision

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