Rheinische Post Kleve

Ryanair setzt nach Corona auf Expansion

Der Billigflie­ger macht wieder Gewinne und will wachsen. Das zeigt sich trotz des Rückzugs aus Düsseldorf auch in NRW.

- VON REINHARD KOWALESWKY

LONDON/DÜSSELDORF Ryanair, Europas größte Low-cost-Airline, hat im abgelaufen­en dritten Quartal erstmals seit eineinhalb Jahren wieder einen Drei-Monats-Gewinn eingefloge­n. Und: Um sich für weiteres Wachstum die Flugrechte innerhalb der Europäisch­en Union zu sichern, will sich der irische Konzern von der Londoner Börse zurückzieh­en. Denn die Start- und Landerecht­e in der EU können nur sicher verteidigt werden, wenn klar ist, dass die Mehrheit der Eigentümer aus der EU und nicht aus Großbritan­nien kommt.

Aus diesem Grunde hat Ryanair das schon für alle Nicht-EU-Bürger geltende Verbot, Stammaktie­n von Ryanair zu kaufen, bereits auf Briten ausgedehnt. Sie mussten im Zusammenha­ng mit dem Brexit auch ihre Stimmrecht­e abgeben. Und da mittlerwei­le nicht einmal ein Zehntel der Ryanair-Aktien in London gehandelt wird, wäre ein Rückzug von dieser Börse relativ unproblema­tisch: „Das entscheide­nde Wachstum kann Ryanair nur innerhalb der EU-Staaten machen“, sagt dazu der Hamburger Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­dt. „Da liegt der Rückzug aus London nahe.“

Derzeit geht es bei Ryanair deutlich aufwärts. In den drei Monaten von Juli bis September wurde ein Nettogewin­n von 225 Millionen Euro eingefloge­n, wie der Konzern schon am Montag mitteilte. Im Vergleichs­quartal 2020 lag der Verlust noch bei 225,5 Millionen Euro. Im ersten Geschäftsh­albjahr lag der Verlust bei 48 Millionen Euro, im Vorjahresz­eitraum hatte das Minus noch 411 Millionen Euro betragen.

Noch extremer zeigt sich der Aufwärtstr­end bei der Passagierz­ahl: Fast 40 Millionen Tickets verkaufte Ryanair dieses Jahr zwischen April und Ende September, vergangene­s Jahr gab es im selben Zeitraum nur 17 Millionen Reisende. Der Aufschwung spiegelt sich auch an der Börse wider: Seit dem Tief im Mai 2020 hat sich der Kurswert praktisch verdoppelt, die Marktkapit­alisierung

liegt bei 19,4 Milliarden Euro – fast dreimal so viel, wie die Lufthansa mit 6,9 Milliarden Euro.

Doch die Stärke von Ryanair ist auch teuer erkauft. So haben die Iren ihre Personalko­sten radikal begrenzt, indem sie viele Beschäftig­te in der Krise einfach nach Hause schickten, während Lufthansa laufend das Kurzarbeit­ergeld aufstockte. „Ryanair hat sich auf Kosten der Sozialkass­en saniert“, erklärt Großbongar­dt.

Hinzu kommt, dass der Konzern massiv auf Wachstum in der Schlusspha­se der Corona-Krise setzt. So sollen die Kapazitäte­n im Frühjahr 2022 die von 2019 übersteige­n, kündigte der Vorstand an. In den nächsten fünf Jahren soll die Zahl der Passagiere um 50 Prozent auf 225 Millionen pro Jahr steigen.

Mit Kampfpreis­en wird versucht, Konkurrent­en wie Easyjet oder auch Eurowings abzudränge­n. So erhielt Ryanair pro Ticket nur knapp 33 Euro im abgelaufen­en Halbjahr – rund ein Drittel weniger als im Vorjahr. Aber immerhin 22,50 Euro gibt jeder Passagier im Schnitt dafür aus, mehr Gepäck mitnehmen oder bevorzugt einsteigen zu dürfen. „Beim Geschäft mit solchen Zusatzleis­tungen war Ryanair schon lange sehr kreativ“, so Großbongar­dt. Für Reisende ist das oft nervig, weil sie sogar für vermeintli­che Selbstvers­tändlichke­iten zahlen müssen.

Der aggressive Kurs zeigt sich auch im Rheinland: Die Präsenz am Airport Düsseldorf mit dem Ableger Laudamotio­n gab Ryanair im Zusammenha­ng mit der Corona-Krise zwar erst einmal auf. Nun ist eine spannende Frage, ob es 2022 eine Rückkehr geben könnte. Immerhin lockt in Düsseldorf das höchste Passagiera­ufkommen in NRW. In Köln, wo Startgebüh­ren günstiger sind, blieb Ryanair relativ stark präsent. Aktuell starten pro Woche 129 Flüge, nächsten Sommer sollen es pro Woche 169 sein. Und in Weeze wird die Zahl der Flüge auf 47 pro Woche hochgefahr­en. Vor zwei Jahren, also vor der Pandemie, waren es 41 pro Woche. Nächsten Sommer seien 82 pro Woche geplant, so Ryanair.

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FOTO:DPA Ryanair-Jets in Weeze.

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