So aussagekräftig sind Antikörpertests
Hat die Impfung etwas gebracht? Bin ich nach einer überstandenen Infektion ausreichend geschützt vor Corona? Antikörpertests geben zwar gewisse Hinweise auf den Immunstatus. Ein Freifahrtschein sind sie aber nicht.
DÜSSELDORF Wie viele Menschen unbemerkt eine Covid-19-Infektion durchgemacht haben, kann keine Statistik präzise dokumentieren. Wie hoch letztlich der Immunschutz in der Bevölkerung ist, kann daher ebenso wenig erfasst werden. Die Impfquote ist natürlich ein entscheidender Parameter. Egal, ob geimpft oder genesen – letztlich wichtig ist für jeden Einzelnen die Antwort auf die Frage: Bin ich im Falle eines (erneuten) Kontakts mit Sars-CoV-2 ausreichend geschützt? Antikörpertests können hier erste Hinweise geben. Absolute Gewissheit bringen sie aber nicht.
Wie funktionieren Antikörpertests?
Es gibt zwei Arten dieser Tests mit unterschiedlichen Ansätzen: Die meisten gängigen Exemplare prüfen auf die reine Anwesenheit von Antikörpern gegen Partikel von SarsCoV-2. Es geht also hier im Prinzip nur um die Antwort auf die Frage: Hatte ich Kontakt mit dem Coronavirus oder nicht? Ein anderes Ziel verfolgen sogenannte Neutralisationstests.
Hier wird das Blut des Patienten daraufhin untersucht, wie gut es tatsächlich die Viren aufhalten kann. Neutralisationstests werden eher in der Forschung verwendet. Denn hierbei muss im Hochsicherheitslabor gearbeitet werden, weil das Blut in Kontakt mit dem intakten, vermehrungsfähigen Erreger kommt. Breiter einsetzbar sind Neutralisationstests, bei denen das Blutserum lediglich mit Partikeln des Coronavirus zusammengebracht wird (Surrogat-Tests).
Wie aussagekräftig sind solche Tests?
Der Titer der Antikörper (AK), der in den herkömmlichen Tests bestimmt wird, bestimmt die Menge an AK, die sich an Partikel von SarsCoV-2 binden. Über den Grad der Immunität sagt das wenig aus, denn es gibt auch AK, die sich zwar an das Virus binden, es aber nicht vom Eindringen in die Zellen abhalten. Der Neutralisationstest ist deutlich spezifischer. Denn hier wird die tatsächliche Fähigkeit gemessen, das Virus unschädlich zu machen. Er erfasst nur die Antikörper, die sich effektiv an das Virus binden und dessen Eindringen in die Zielzelle verhindern können. Das Ergebnis wird in Prozent angegeben. Werte unter 30 Prozent bedeuten dabei keine Neutralisationskapazität des untersuchten Blutserums, Werte ab 75 Prozent eine hohe.
Bei mir wurden viele Antikörper im Test nachgewiesen. Bin ich jetzt sicher vor künftigen Infektionen geschützt?
Bisher sind Antikörpertests nicht als Nachweis der Immunität anerkannt. Es gibt aktuell keinen festgelegten Standardwert, ab welcher Höhe ein Antikörper-Titer tatsächlich verlässlich schützt. Eine sichere Aussage über den vorhandenen Immunschutz lässt sich also aufgrund eines Antikörpertests allein nicht treffen. Aber eine gewisse Tendenz ist ablesbar. Experten gehen davon aus, dass ein hoher AKTiter eher für eine Schutzwirkung etwa gegen schwere Verläufe spricht als ein niedriger Wert. Denn je mehr Antikörper im Blut sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch an der richtigen Stelle des Virus ansetzen. Aber: Hohe Antikörperwerte
bedeuten umgekehrt keinen Freifahrtschein für unbedachtes Verhalten in der Pandemie. Erstens können die Tests auch falschpositive Ergebnisse liefern und die Testperson in trügerischer Sicherheit wiegen. Zweitens gibt nach aktueller Kenntnislage ein hoher Titer eben keine absolute Sicherheit vor einer Infektion beziehungsweise einer Erkrankung.
Was bedeutet es, wenn der AK-Titer eher niedrig ist? Bin ich dann gefährdet?
Ein niedriger Antikörper-Titer
bedeutet nicht zwingend, dass kein ausreichender Immunschutz gegen das Coronavirus vorhanden ist. Denn die körpereigene Abwehr ist sehr komplex und besteht aus weitaus mehr Parametern als nur den Antikörpern. Neben der humoralen Immunabwehr, die unter anderem zur Produktion von Antikörpern führt, gibt es auch eine ebenso wichtige zelluläre Immunantwort. Hier spielen T-Zellen die Hauptrolle. Deren Vorkommen erfassen aber die herkömmlichen Antikörpertests nicht.
Für wen können Antikörpertests trotz der eingeschränkten Aussagekraft sinnvoll sein?
Die Tests geben zwar keine absolute Sicherheit. Aber eine gewisse Tendenz lässt sich schon erkennen. Dies kann zum Beispiel für Menschen wichtig sein, die durch Krankheiten oder Medikamente ein schwaches Immunsystem haben. Bei extrem niedrigen Werten können Ärzte dann frühzeitig reagieren und eventuell auch an eine Auffrischungsimpfung denken. Auch wer nicht sicher ist, ob er vielleicht bereits eine Covid-19-Infektion durchgemacht hat, kann durch einen Antikörpertest eine Antwort auf diese Frage erhalten.
Ab welchem Zeitpunkt machen Antikörpertests denn überhaupt Sinn?
Generell sinnvoll sind solche Tests frühestens zwei bis drei Wochen nach einer durchgemachten Infektion mit Covid-19 beziehungsweise nach der Impfung. So lange dauert es in etwa, bis das Immunsystem Antikörper gegen ein neues Antigen gebildet hat.
Kann ich den Antikörpertest selber durchführen?
Es gibt mittlerweile Antikörpertests für den Eigengebrauch. Sie funktionieren ähnlich wie der Corona-Antigenschnelltest für daheim. Allerdings muss man sich dafür selbst etwas Blut aus der Fingerkuppe entnehmen und direkt auf eine Testkassette träufeln. Fachleute raten allerdings dazu, für einen Antikörpertest den Hausarzt aufzusuchen. Er nimmt das Blut ab und schickt es zur Analyse ins Labor. Einfache Antikörpertests kosten rund 20 Euro. Surrogat-Neutralisationstests liegen bei 50 bis 60 Euro.