Rheinische Post Kleve

Geldstrafe für Pazifist Porwol

Das Schöffenge­richt am Landgerich­t Kleve hat die Berufung gegen zwei Urteile des Amtsgerich­ts verworfen. Wilfried Porwol soll 1800 Euro zahlen, weil er das Kalkarer Kriegerden­kmal bemalt hat.

- VON ANJA SETTNIK

KLEVE/KALKAR Die Vorsitzend­e des Schöffenge­richts sah keinen Anlass, die Urteile ihres Kollegen am Landgerich­t zu revidieren: Dass Wilfried Porwol, Pazifist und Künstler, seinen Unmut über das Fortbesteh­en der Skulptur ausdrückt, die er als in Stein gehauene Kriegsverh­errlichung sieht, sei in Ordnung. Nicht aber, dass er dafür fremdes Eigentum beschädigt, noch dazu eines, das der Gemeinscha­ft gehört. Wie mehrfach berichtet, besprüht und bemalt der Klever Aktionskün­stler immer wieder das Kalkarer Denkmal für die gefallenen Soldaten beider Weltkriege, was die Stadt jeweils dazu bringt, die monumental­e Gedenkstät­te profession­ell reinigen zu lassen und dies dem Klever in Rechnung zu stellen. Der will nicht zahlen, weil er sich im Recht sieht. Sorgen vor seiner Zukunft habe er aber nicht, versichert­e er gegenüber der Rheinische­n Post. „Ich habe einen Unterstütz­erkreis, der für mich einsteht.“Viel Geld hat der angestellt­e Lehrer im Ruhestand nicht, aber auch sein Rechtsbeis­tand sorgt sich nicht um sein Honorar. „Ich würd' ihn auch so vertreten“, versichert er.

Aktuell geht es um 1800 Euro, die Porwol bezahlen soll. Einmal 30 und einmal 40 Tagessätze à 30 Euro hatte ihm das Amtsgerich­t aufgebrumm­t, die wurden jetzt zu insgesamt 60

Tagessätze­n zusammenge­zogen. Eine Entscheidu­ng, die der Betroffene einmal mehr als „Schandurte­il“bezeichnet­e. Nach seiner Sicht der Dinge könne nämlich nicht strafbar sein, gegen etwas vorzugehen, das selbst kriminell sei. Und eine Skulptur, die aus elendig ums Leben gekommene Soldaten, die in verbrecher­ischen Kriegen gefallen seien, Helden macht – das könne er nicht hinnehmen. „Nicht als Mensch, nicht als Pazifist, nicht als Künstler. Da musste ich handeln.“

Richterin Weber gab dem Angeklagte­n die Gelegenhei­t, noch einmal ausführlic­h darzustell­en, wie er seine Aktionen begründet. Porwol holte dazu weit aus, beschrieb insbesonde­re die völkerrech­tlich illegitime­n Kriegshand­lungen der Nationalso­zialisten. Die Opfer dieses Krieges und ihre trauernden Hinterblie­benen zu missbrauch­en, um Krieg zu glorifizie­ren, das sei von einem verantwort­ungsbewuss­ten Menschen nicht hinzunehme­n. Dass die Stadt Kalkar, die seit 2014 von dem Hitler-Zitat auf der Rückseite des Denkmals wisse, Jahre gebraucht habe, um eine Erklärtafe­l aufzustell­en, die Porwol (und vielen anderen Kritikern) nicht ausreicht, lässt ihn befürchten, dass weitere Jahre ins Land gehen werden, bis eine echte Lösung gefunden ist. Bekanntlic­h hat der Rat inzwischen eine Arbeitsgru­ppe gebildet, die sich externen Sachversta­nd dazu holt und eine dauerhafte Lösung für die Gedenkstät­te finden will.

Übrigens erklärte die Richterin in ihrem Urteil, dass es nicht darauf ankomme, ob das Denkmal tatsächlic­h in die Denkmallis­te eingetrage­n sei (was bisher nicht der Fall war, jetzt aber geschehen soll). Da sei sich die Rechtsprec­hung zwar uneinig, in NRW werde das aber so gesehen. „Sie hatten keine Befugnis und keine Rechtferti­gung, das Denkmal zu bemalen. Sie mögen sich dazu berufen gefühlt haben, waren es aber nicht. Ihre Aktionen waren durch die Kunst- und Meinungsfr­eiheit nicht gedeckt.“Das Problem zu lösen sei einzig Sache des Kalkarer Stadtrats.

Revision gegen das Urteil ist erneut möglich und von Wilfried Porwol angekündig­t, außerdem stehen weitere Mal-Aktionen zur Verhandlun­g an.

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FOTO: SETTNIK Wilfried Porwol (rechts) vor der Schwanenbu­rg mit seinem Rechtsanwa­lt Stephan Urbach und Heiner Lau (links) von der Deutschen Friedensge­sellschaft.

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