Eine große Summe für „Sternstunden“
Ein Rammstein-Konzert, eine Berlin-Fahrt oder der Familienbesuch – die Johanniter erfüllen Schwerkranken die letzten Wünsche. Dafür brauchen die Ehrenamtler Geld. So fuhren die Ardennenbiker für den guten Zweck.
EMMERICH Seit Jahren sammelt Ardennenbiker Fritz Wippich mit seinen Vereinskollegen Mittel für den guten Zweck. So stolz wie auf die diesjährige Spendenübergabe bei den Johannitern in Emmerich aber war er noch nie. Der Termin geht ihm spürbar unter die Haut. „Mein Bruder hatte bei der diesjährigen Tour einen Unfall. Wie die Johanniter danach vor Ort geholfen haben, war einmalig gut. Das verdient Anerkennung“, sagt der Motorradfahrer. Doch wie kam die Zusammenarbeit von Ardennenbikern und Johanniter-Sternstunden zustande? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Welchen Betrag haben die Johanniter bekommen?
Günther Zaluskowski, Vorsitzender des Vereins der Ardennenbiker im Kreis Kleve, konnte der Johanniter-Unfall-Hilfe in Emmerich am Samstag einen Scheck in Höhe von 2700 Euro übergeben. Dieser Betrag wurde in den vergangenen zwei Monaten eingesammelt. „Wir haben uns über die Spende wahnsinnig gefreut. Mit einem solchen Betrag hätten wir niemals gerechnet. Wir sind davon überzeugt, dass diese Geschichte weitererzählt werden muss: Tue Gutes und sprich darüber“, sagt der Emmericher Johanniter-Standortleiter Pascal Wieners.
Wie haben die Ardennenbiker Geld gesammelt?
Einmal im Jahr treffen sich die Motorradfahrer zu einer Spritztour durch den Niederrhein. Ausgangspunkt der „Till-Tour“ist meist das Schloss Moyland, nun starteten die Männer und Frauen im September am Landgasthof Westrich in Bedburg-Hau. Zwanzig Euro Teilnahmegebühr zahlt jeder der 150 Starter. Davon wird die Verpflegung unterwegs bezahlt, knapp die Hälfte aber bleibt übrig. Zudem gingen die Motorradfahrer während der Pausen – etwa am Tipidorf in Geldern-Walbeck – mit dem Klingelbeutel herum. „Ich war positiv überrascht, wie viele Menschen ihr Portemonnaie zücken und 50 Euro hineinwerfen“, so Günther Zaluskowski.
Warum engagieren sich die Motorradfahrer derart?
Sie wollen ein echtes Zeichen setzen. „In den Diskussionen hört man ja häufig, dass
Motorradfahrer sowieso nur Rocker wären, die für Ärger und Lärm sorgen. Dass das natürlich nur für einen kleinen Teil der Szene gilt, fällt unter den Tisch. Wir wollen zeigen, dass es uns um die gute Sache geht“, sagt Zaluskowski. Es war bereits die 19. Tour dieser Art, nur 2020 hatte man coronabedingt aussetzen müssen. Bislang kamen so mehr als 60.000 Euro zusammen. „Wir spenden nie an große, weltweit tätige Organisationen, sondern immer an Einrichtungen aus der Region, die wir kennen und deren Arbeit wir schätzen“, sagt Zaluskowski.
Was hat die Gruppe im kommenden Jahr vor?
Für ihre Touren müssen die Motorradfahrer bei den Verwaltungen
eine Genehmigung beantragen. Schließlich treten sie im Straßenverkehr mit mehr als 150 Fahrzeugen als Kolonne auf. Doch die bürokratischen Hürden würden stetig wachsen, so Fritz Wippich. Die Folge: Im kommenden Jahr dürfte das Gros der Strecke in den Niederlanden zurückgelegt werden. Für den guten Zweck wollen die Motorenliebhaber aber auch dann sammeln.
Was ist das Projekt Sternstunden?
Ein Besuch in der Marienbasilika von Kevelaer, bei Verwandten in Berlin oder an der Rheinpromenade in Emmerich – Schwerstkranke äußern meist recht naheliegende letzte Wünsche. Die Johanniter kümmern sich darum, dass diese
Wünsche in Erfüllung gehen. Da die meisten Patienten kaum mehr mobil sind, hat die Unfall-Hilfe jüngst in einen neuen, hochmodernen und individuell ausgestatteten Krankenwagen investiert. Ideengeber der Aktion Sternstunden ist der Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin des St. Willibrord-Spitals in Emmerich, Prof. Dr. Joachim van Alst. Doch die ehrenamtlichen Kräfte sind dringend auf Spenden angewiesen.
Wie viele Sternstunden haben die Johanniter bislang ermöglicht?
Seit anderthalb Jahren gibt es das Projekt, 17 Fahrten wurden bereits organisiert. Im kommenden Jahr ist für eine Patientin fest ein RammsteinKonzert
in Nimwegen angepeilt. Jüngst fuhren die freiwilligen Helfer noch mit einem kleinen Jungen zum Movie-Park, mit einem früheren Binnenschiffer ging es ein letztes Mal zum Emmericher Rhein. Doch Pascal Wieners und seine Kollegen müssen manchmal auch Rückschläge verkraften. Neulich hatte man für eine 40-jährige Mutter einen Besuch mit ihren Kindern in den Unterwasserwelten von Sea Life in Oberhausen organisiert. Doch drei Tage vor der Fahrt verstarb die Frau.
Wer selbst eine Person kennt, die eine letzte Sternstunde verbringen will, kann sich bei den Johannitern (02822 7159614) melden. Zwei Wochen Vorlaufzeit benötigen die Ehrenamtlichen.