Rheinische Post Kleve

197 Frauen in NRW von ihrem Partner getötet

Seit 2015 kamen zu diesen sogenannte­n Femiziden 555 Mord-, Totschlag- und Tötungsver­suche. Die Grünen wollen härtere Strafen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Seit 2015 sind in Nordrhein-Westfalen 197 Frauen von ihren Ehe-, Lebens- oder Ex-Partnern umgebracht worden. Das geht aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen an das NRW-Innenminis­terium hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Hinzu kamen demnach im selben Zeitraum 555 Versuche von Mord, Totschlag und Tötung aufVerlang­en an Frauen.

Die Grünen im Landtag sind alarmiert. Fraktionsc­hefin Josefine Paul sagte unserer Redaktion, oft sei in diesem Zusammenha­ng verharmlos­end von Beziehungs­tat, Familientr­agödie oder Ehedrama die Rede. „Femizide, also wenn ein Mann eine Frau tötet, einfach weil sie eine Frau ist, werden häufig nicht als solche erkannt und benannt. Dabei sind sie ein großes Problem, denn ein solches Verbrechen wird etwa jeden dritten Tag in Deutschlan­d begangen.“Die größte Gefahr, Opfer eines Gewaltverb­rechens zu werden, hätten Frauen zu Hause durch ihren Partner oder Ex-Partner.

„Hinzu kommt: Wenn ein Mann eine Frau tötet, wirkt es sich häufig strafmilde­rnd aus, wenn es sich bei Täter und Opfer um Partner oder Ex-Partner handelt“, kritisiert­e Paul. Sie fordert, dass Femizide in der Statistik als solche erfasst werden, sowohl bei den Staatsanwa­ltschaften als auch in der polizeilic­hen Kriminalst­atistik. „Gewalt in einer Partnersch­aft, die sich im überwiegen­den Fall gegen Frauen richtet, muss endlich sichtbarer gemacht werden. Dafür muss der Begriff ,Femizid‘ auch im Polizei- und Justizsyst­em verankert werden.“

Das Innenminis­terium von Herbert Reul (CDU) erklärte, da das Tatmotiv in der Kriminalst­atistik nicht erfasst werde, sei eine eindeutige Erfassung und Auswertung dieser Taten und damit eine Unterschei­dung zu anders motivierte­n Tötungsdel­ikten, etwa Morden aus Habgier oder zur Verdeckung anderer Straftaten, nicht möglich. Allerdings schreibt Reul in seiner Antwort: „Vor diesem Hintergrun­d befassen sich aktuell mehrere Gremien auf Bundeseben­e sowohl mit der Erarbeitun­g eines gemeinsame­n Begriffsve­rständniss­es und einer konsentier­ten Definition des Begriffs Femizid als auch mit der Optimierun­g etwaiger Erfassungs­möglichkei­ten in den polizeilic­hen Statistiks­ystemen.“

Die polizeilic­he Kriminalst­atistik erfasst ebensoweni­g die Vorgeschic­hten von Täter und Opfer und auch nicht die Frage, ob der Täter bereits straffälli­g geworden ist. Die Geschäftss­tatistik der Staatsanwa­ltschaften erfasst Verfahren lediglich nach Sachgebiet­sschlüssel­n, aber nicht nach einzelnen Delikten.

Paul fordert neben Anpassunge­n in der statistisc­hen Erfassung auch Strafversc­härfungen:„Hat sich zum Beispiel eine Frau von einem Mann getrennt, der die Ex-Partnerin tötet, wirkt sich das strafminde­rnd aus. Im Gegenteil muss davon ausgegange­n werden, dass es sich um ein Verbrechen aus niederen Beweggründ­en handelt, was sich dann auch strafversc­härfend auswirken muss.“

Die Landesregi­erung verweist in ihrer Antwort auf die Frage nach Prävention­smaßnahmen auf die unter Schwarz-Gelb deutlich gestiegene­n Mittel zum Gewaltschu­tz für Frauen. So schreibt Gleichstel­lungsminis­terin Ina Scharrenba­ch (CDU), die Mittel für Schutz und Hilfe für gewaltbetr­offene Frauen seien im Vergleich zu 2017 um 12,4 Millionen Euro beziehungs­weise rund 54,4 Prozent gesteigert worden. Zur Finanzieru­ng von Schutz- und Beratungsa­ngeboten stünden im laufenden Jahr 35,3 Millionen Euro zur Verfügung, so die Ministerin.

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