In der Hand Russlands
Auf keinen Fall will die Bundesregierung in eine direkte militärische Konfrontation mit Russland hineingezogen werden. Das ist richtig so, denn die Folgen wären nicht zu überblicken – aber es ist auch frustrierend. Denn die Ukraine sieht sich seit mehr als vier Wochen einem Vernichtungsfeldzug ausgesetzt, der unermessliches Leid hervorruft. Nie in der Geschichte sind schärfere Wirtschaftssanktionen verhängt worden, aber eine der schärfsten fehlt: ein Importstopp für russisches Gas.
Wie sehr sich Deutschland in der Hand Russlands befindet, offenbart Robert Habeck. Zwei Jahre noch sei man auf russisches Gas angewiesen, stellt der Wirtschaftsminister fest, und so hätte vermutlich jeder seiner Vorgänger argumentiert und wäre genauso wie er nach Katar gereist, um Ersatz zu finden. Aber muss nicht gerade von dem moralischen Impetus, der die Grünen seit jeher auszeichnet, auch im Wirtschaftsministerium mehr übrig bleiben?
Wladimir Putin kennt und nutzt die Zwangslage der Deutschen. Künftig sollen sie das Gas in Rubel bezahlen – das klingt harmloser, als es ist, denn so würden die wichtigen Sanktionen gegen die russische Zentralbank unterlaufen. Zugleich droht Putin damit, die Gaslieferungen einzustellen. Die Versorgungssicherheit, um die sich Habeck bemüht, ist also schon längst nicht mehr gegeben. Niemand weiß, ob das Gas nächste Woche noch durch die Pipeline Nord Stream 1 strömt.
Wenn Deutschland sich aus gutem Grund militärisch zurückhält, sollte es sich nicht auch noch von Wladimir Putin erpressen lassen. Ein Importstopp für russisches Gas würde die deutscheWirtschaft und die ganze Gesellschaft stark belasten, keine Frage. Aber diese schärfste Sanktion von allen würde Putin zuvorkommen und ihn so empfindlich treffen, dass vielleicht schon vor dem nächsten Winter Frieden in der Ukraine einkehren kann.