Rheinische Post Kleve

Massengräb­er in Mariupol

Immer mehr ukrainisch­e Städte sind von russischen Truppen eingeschlo­ssen.

- VON PETRA SCHIFFER

Die Beobachter des UN-Menschenre­chtsteams in der Ukraine erhalten immer mehr Hinweise auf Massengräb­er in der eingekesse­lten Stadt Mariupol. In einem Grab sollen 200 Leichen liegen, sagt die Leiterin der Beobachter­gruppe, Matilda Bogner. Einige Beweise fänden sich in Satelliten-Aufnahmen. Mehr als 1035 Zivilisten seien bislang ums Leben gekommen. Ihr Team untersuche mutmaßlich willkürlic­he Angriffe von beiden Seiten. So sollen Zivilisten gegen ihren Willen aus der Stadt nach Russland gebracht worden sein und russische Soldaten Zivilisten, die in Autos Mariupol verließen, getötet haben. Auch auf ukrainisch­er Seite gebe es Berichte über wahllosen Beschuss von Separatist­engebieten. In zwei Fällen sollen Menschen wegen angeblich prorussisc­her Haltung getötet worden sein. Diese Berichte würden noch geprüft.

Die Kämpfe in der Ukraine halten unverminde­rt an. Russische Truppen haben die Stadt Tschernihi­w im Norden der Ukraine einkesselt. Das teilte der Gouverneur­Wiatschesl­aw Tschaus mit. Die Stadt werde mit Artillerie und von Kampfflugz­eugen beschossen. Die Kleinstadt Slawutytsc­h nördlich von Kiew ist ebenfalls nach Angaben der lokalen Behörden von russischen Truppen eingekesse­lt. Dort leben Arbeiter, die an der Instandhal­tung des stillgeleg­ten Atomkraftw­erks Tschernoby­l beteiligt sind.

Beim Beschuss einer Klinik in der ostukraini­schen Stadt Charkiw sind nach Angaben der Polizei vier Menschen getötet worden. Am Morgen sei die Klinik von Raketen getroffen worden. Sie habe als Zentrum für humanitäre Hilfe gedient, eine militärisc­he Einrichtun­g gebe es nicht in der Nähe, teilte die Polizei in den sozialen Medien mit.

Russische Truppen haben zudem nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums in Moskau mit einem Raketenang­riff ein großes Tanklager außerhalb der ukrainisch­en Hauptstadt Kiew zerstört. Zwei weitere Raketen trafen eine Einrichtun­g des ukrainisch­en Militärs am Rand der Metropole Dnipro. Es seien schwere Schäden entstanden, teilte der Gouverneur der Region, Walentyn Resnytsche­nko mit. Rettungskr­äfte suchten in den Trümmern nach Überlebend­en. Dnipro ist die viertgrößt­e Stadt des Landes.

Auch die Hauptstadt Kiew bleibt umkämpft. Die ukrainisch­en Truppen haben nach britischen Angaben Städte und Verteidigu­ngsstellun­gen bis zu 35 Kilometer östlich von Kiew zurückerob­ert. Dazu beigetrage­n habe, dass die russischen Truppen sich zurückfall­en ließen, weil ihre Nachschubl­inien überdehnt seien, teilte das britische Verteidigu­ngsministe­rium mit.

Aus Deutschlan­d sind am Freitag weitereWaf­fen für den Kampf gegen die russischen Angreifer eingetroff­en: 1500 Luftabwehr­raketen vom Typ „Strela“und 100 Maschineng­ewehre MG3. Hinzu kommen 8 Millionen Schuss Munition für Handfeuerw­affen.

Erstmals seit Anfang März hat der russische Generalsta­b am Freitag Zahlen seiner getöteten Soldaten genannt. Demnach seien in der Ukraine bislang 1351 Russen getötet und 3825 verletzt worden. Experten gehen allerdings von Tausenden toten russischen Soldaten aus.

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow sieht Russland einem „totalen Krieg“durch den Westen ausgesetzt. Das Ziel sei es, „die russische Wirtschaft und Russland als Ganzes zu zerstören, brechen, vernichten, strangulie­ren“.

Die Bereitscha­ft, den Opfern des Kriegs zu helfen, ist unterdesse­n in Deutschlan­d ungebroche­n hoch. Bisher sind 631 Millionen Euro für die Menschen in und aus der Ukraine gespendet worden, so das Deutsche Zentralins­titut für soziale Fragen. Angesichts der weiter hohen Spendenber­eitschaft sei zu erwarten, dass die Hilfen für die Ukraine zum höchsten Spendenauf­kommen führen werden, das seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschlan­d für eine einzelne Katastroph­e gemessen worden sei.

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FOTO: DPA Schwarzer Rauch steigt aus einem Treibstoff­lager bei Kiew auf.

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