VW will Akkus für E-Autos in Valencia bauen
Vor den Toren der spanischen Mittelmeerstadt plant der Konzern, die modernste Batteriefabrik Europas zu errichten. Er will so auch unabhängig von Asien werden.
Wie sich die Zeiten ändern: Jahrzehntelang reiften auf dem Gelände Orangen und Mandarinen. Doch die meisten Plantagen liegen brach, weil der Anbau nicht mehr lohnt. Nun könnte das Areal mit dem Namen Parc Sagunt eine neue Blüte erleben.Volkswagen will dort, 30 Kilometer vor den Toren der spanischen Mittelmeerstadt Valencia, die modernste Batteriefabrik Europas errichten. Damit will Volkswagen als absatzstärkster Autobauer des Kontinents die europäische ElektroautoProduktion vorantreiben und zugleich unabhängiger von der Zellfertigung in Asien werden.
Der Autobauer wurde vor Ort direkt freudlig begrüßt:„Willkommen, Volkswagen“, schrieb Ximo Puig, der Regierungschef der RegionValencia, auf Twitter. „Das ist die beste wirtschaftliche Nachricht seit 50 Jahren.“Spaniens Premier Pedro Sánchez erklärte voller Freude, dass die VWEntscheidung zur Modernisierung des Landes beitragen werde, dessen wichtigstes Standbein bisher der Tourismus und nicht die Technologie ist. Bei Elektroautos und der dazugehörenden Infrastruktur gehört Spanien – allen Elektrifizierungsbemühungen der sportlichen SeatSubmarke Cupra zum Trotz – bisher zu den europäischen Schlusslichtern.
Insgesamt mehr als sieben Milliarden Euro will der VWKonzern in Spanien ausgeben.„Das ist die größte IndustrieInvestition in der spanischen Geschichte“, sagte Wayne
Griffith, Vorstandsvorsitzender der spanischen VWTochter Seat, bei der offiziellen Vorstellung der Zukunftspläne in Barcelona. „Dieses Projekt ist von größter Bedeutung – für Volkswagen, für Spanien und für ganz Europa“, sagte der Technikvorstand des VWKonzerns und SeatAufsichtsratsmitglied Thomas Schmall. „Es ist unser Ziel, Spanien zu elektrifizieren.“
Doch nur ein Teil der sieben Milliarden Euro, knapp die Hälfte, soll in das neue Batteriewerk fließen. Der andere Batzen ist für die Umstellung auf die EAutoProduktion in den beiden nordspanischen VWWerken in Barcelona (Katalonien) und Pamplona (Navarra) gedacht. In Martorell bei Barcelona werden vor allem SeatModelle produziert, in Pamplona die VWModelle Polo, TCross und Taigo. Die Umsetzung der Pläne für das Gigabatteriewerk in Valencia, so Schmall, hänge allerdings noch davon ab, dass der spanische Staat das Projekt aus einem Fördertopf, mit dem der Aufbruch des Landes ins elektromobile Zeitalter angeschoben werden soll, bezuschusse.
„In Valencia wollen wir eine Zellproduktion der nächsten Generation aufbauen“, kündigte Technikvorstand Schmall an. Eine Fabrik, die mit erneuerbarer Energie versorgt werde – und damit eine nachhaltige Batterieproduktion ermögliche. Die VWInvestition könne helfen, die spanische wie auch europäische
Automobilindustrie voranzubringen. Und sie werde Jobs schaffen: 3000 Menschen will man für die Zellfabrik neu einstellen, die im Jahr 2026 ihre Produktion aufnehmen soll.
Das GigawerkValencia wäre nach jenem im niedersächsischen Salzgitter, das bereits im Bau ist, das zweite Akkuwerk, das VW in Eigenregie betreibt – aber es wäre das erste außerhalb Deutschlands. Nach Angaben des Konzerns will Volkswagen in Europa und gemeinsam mit Partnern insgesamt sechs riesige Batteriefabriken errichten.
Warum aber fiel die Wahl nun auf Valencia, das mehr als 300 Kilometer ´Richtung Süden vom größten spanischenVWWerk in Barcelona entfernt liegt? „Valencia hat sich – basierend auf mehr als 100 Kriterien wie qualifizierte Arbeitskräfte, öffentliche Förderung, gute logistischeVerbindungen und grüne Energie ‒ als stärkster Standort durchgesetzt“, teilte der Konzern mit. In Spanien hatten sich noch drei andere Regionen beworben, darunter auch Katalonien, wo VWs großes SeatWerk steht. Aber wohl kein anderer Standort bot so viel Zukunftspotential wie das nun ausgewählte Industrieareal: „Wir sind das größte Gewerbegebiet Europas“, umwirbt der Unternehmenspark Sagunt potenzielle Investoren. Fünf Millionen Quadratmeter stehen dort zur Verfügung. Genug für den Automobilriesen, um dort gegebenenfalls noch expandieren zu können. Zudem liegt das Gelände gleich neben dem Hafen des ValenciaVorortes Sagunt. Und es gibt einen Autobahnund Güterverkehrsanschluss.
Noch ein Vorteil kommt hinzu: Nicht weit entfernt, im Süden Valencias, befindet sich ein weiteres großes Automobilwerk – und zwar von Ford. Schon bisher kooperieren VW und Ford bei der Elektroautoproduktion. So will Ford ab 2023 ein Elektrofahrzeug anbieten, das mit einem vonVW entwickelten Elektromodul ausgestattet wird. Eine weitere Zusammenarbeit, etwa bei der Batterieproduktion, wird nicht ausgeschlossen.
Damit könnten auch die Karten im momentan hart geführten Wettstreit zwischen der spanischen FordFabrik in Valencia und dem deutschen FordWerk in Saarlouis neu gemischt werden. Beide Werke kämpfen derzeit ums Überleben. Sie wurden von der USKonzernzentrale aufgefordert, Sparkonzepte mit Lohnkürzungen und längeren Arbeitszeiten vorzulegen, um sich für die EAutoProduktion zu qualifizieren. Bis Sommer will Ford über die Zukunft der beidenWerke entscheiden. Mit einer nahen Batteriefabrik dürfte der FordStandort in Valencia nun Punkte gewinnen.