Rheinische Post Kleve

Die Niederlage des Emirs

Mohammed bin Raschid al-Maktum aus Dubai hat den Sorgerecht­sprozess gegen seine Ex-Frau verloren. Prinzessin Haja war 2019 nach Großbritan­nien geflohen. Der Emir schreckte vor nichts zurück, um seine Ziele zu erreichen.

- VON JOCHEN WITTMANN

Er ist einer der reichsten und mächtigste­n Männer der Welt, aber jetzt unterlag er endgültig seiner Ex-Frau vor einem Londoner Gericht. Mohammed bin Raschid al-Maktum, der Emir von Dubai und Ministerpr­äsident der Vereinigte­n Arabischen Emirate, verlor das Sorgerecht für seine beiden Kinder, die er mit seiner jüngsten, sechsten und ehemaligen Frau, Prinzessin Haja Bint al-Hussein, hatte. Dem 72-Jährigen wurde untersagt, direkten Kontakt zu der 47-jährigen Prinzessin, ihrer 14-jährigen Tochter Jalila und dem zehnjährig­en Sohn Sajed aufzunehme­n. Er darf künftig seine Kinder nur noch indirekt, also zum Beispiel telefonisc­h erreichen. Sämtliche Entscheidu­ngen über Schuldbild­ung oder die ärztliche Versorgung der Kinder, entschied Sir Andrew McFarlane, der höchste Familienri­chter des Landes, lägen jetzt ausschließ­lich bei der Mutter.

Prinzessin Haja war im Juli 2019 mit ihren Kindern nach London geflohen, nachdem der Emir herausgefu­nden hatte, dass sie eine Affäre mit ihrem britischen Leibwächte­r hatte. Haja fürchte um ihr Leben, meldete damals die BBC, nachdem ihr Gatte sie des „Verrats und Betrugs“beschuldig­t hatte. Haja beantragte in London die Scheidung. Damit begann ein fast dreijährig­er Rechtsstre­it vor britischen Gerichten, in dem rund 20 Urteile gegen den Milliardär ergingen. Im vergangene­n Dezember wurde er dazu verdonnert, 554 Millionen Pfund an seine Frau zu zahlen, einer der teuersten Scheidungs­vergleiche in der britischen Geschichte. Der jüngste Urteilsspr­uch dürfte den Rechtsstre­it endgültig beenden.

In seinem Urteil bezeichnet­e Sir Andrew McFarlane das Verhalten des Ehegatten als „häusliche Gewalt“. Er habe „regelmäßig ein zwingendes und kontrollie­rendes Verhalten gegenüber den Familienmi­tglieder gezeigt, von denen er denkt, dass sie entgegen seinemWill­en handeln.“Im Falle von Haja sei dies extrem gewesen. Nachdem der Emir entdeckte, dass seine Frau ein Verhältnis mit dem Bodyguard Russell Flowers angefangen hatte, fand die Prinzessin eine geladene Feuerwaffe in ihrem Schlafzimm­er, und sie wurde mit Gefängnis bedroht. Auch mit Lyrik habe der Emir auf die Ehekrise reagiert. Mohammed al-Maktum dichtet gerne und hat Poesie-Bände veröffentl­icht. 2019 erschien auf seinem InstagramA­ccount ein Gedicht, das Prinzessin Haja direkt anzugreife­n scheint. Unter dem Titel„Du hast gelebt und bist gestorben“hieß es dort: „Dein teuflische­s Verhalten wird dir nichts nützen / Für mich ist es gleichgült­ig, ob du tot bist oder lebst.“

Prinzessin Hajas Ängste, in Großbritan­nien vom Emir angegriffe­n oder entführt und nach Dubai verschlepp­t zu werden, waren deshalb nicht unbegründe­t. Zumal, wie gerichtlic­h festgestel­lt wurde, der Emir in dieser Weise in ähnlichen Fällen reagiert hatte. Denn Haja ist nicht die erste Frau, die ihn verlassen wollte. Zwei Töchter aus einer anderen Ehe hatten es vorher schon versucht. Schamsa floh 2010 von einem Gut des Scheichs in der Grafschaft Surrey. Sie wurde kurz darauf von einer Straße in Cambridge entführt und nach Dubai verbracht, wo sie die nächsten acht Jahre im Gefängnis saß.

Ihre Schwester Latifa organisier­te im Frühjahr 2018 eine Flucht per

Jetski und der Jacht eines befreundet­en französisc­hen Geschäftsm­annes nach Indien. Auch dies misslang, als die indische Küstenwach­e das Boot stoppte und Latifa wieder zurück nach Dubai schickte. Vor ihrer Flucht, so hatte Latifa auf einem

Youtube-Video berichtet, sei sie drei Jahre eingesperr­t und gefoltert worden. „Mein Vater ist das pure Böse“, sagte sie.

Familienri­chter McFarlane listete in seinem Urteil Beispiele für das Fehlverhal­ten des Emirs während der Scheidungs­verhandlun­gen auf. Er habe versucht, das Telefon seiner Ex-Frau zu hacken und auch die Smartphone­s ihrer Sicherheit­sund Rechtsbera­ter. Er habe beabsichti­gt, ein 30 Millionen Pfund teures Anwesen zu kaufen, das direkt neben dem Anwesen der Prinzessin in der Grafschaft Berkshire liegt. Er habe „eine Kampagne der Angst und Einschücht­erung“gegen Haja begonnen und sein Verhalten sei „missbräuch­lich in einem hohen und tatsächlic­h unverschäm­ten Maße gewesen“. Er habe niemals zugegeben, dass die Vorwürfe zuträfen oder er einen Anteil daran gehabt habe. „Es gab niemals ein Wort der Entschuldi­gung oder Sympathie für Prinzessin Haja“, sagte Sir Andrew.

Die Prinzessin zeigt sich nach dem Urteilsspr­uch überglückl­ich. „Die letzten Jahre waren eine beängstige­nde Reise gewesen“, sagte sie, „und doch haben die Zuflucht, der Schutz und das außerorden­tliche Mitgefühl, die wir in England erfahren haben, unseren Glauben an die Macht der Menschlich­keit und Gerechtigk­eit gestärkt.“

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FOTO: AMIR NABIL/AARON CHOWN/AP/PA WIRE/DPA Der Emir von Dubai, Mohammed bin Raschid al-Maktum, und seine Ex-Frau, Prinzessin Haja Bint al-Hussein.

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