Rheinische Post Kleve

Fast sieben Jahre Haft für Missbrauch

Ein Mann aus Straelen soll seine leibliche Tochter sowie ein weiteres Kind über mehrere Jahre lang sexuell missbrauch­t sowie Aufnahmen davon gemacht haben. Die Taten blieben 17 Jahre lang unentdeckt.

- VON EIRIK SEDLMAIR

Ein 51-Jähriger aus Straelen wurde vom Landgerich­t Kleve zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde wegen schweren sexuellen Missbrauch­s eines Kindes sowie Herstellen kinderporn­ografische­r Inhalte verhängt. Beides in mehreren Fällen – und beides erfolgte über einen längeren Zeitraum.

Der Angeklagte hat drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter. 2004 zog er zusammen mit seiner damaligen Lebensgefä­hrten und den beiden gemeinsame­n Kindern in eine Wohnung nach Wachtendon­k. Die Mutter sagte, sie habe ihre damals sechs Jahre alte Tochter gebadet. Dabei seien ihr blaue Flecken aufgefalle­n. Sie ging mit dem Kind zum Arzt. Der habe vermutet, dass die Tochter missbrauch­t worden sei, sagte die Mutter vor Gericht. Auf Nachfrage habe die Tochter zuerst ihren Vater beschuldig­t, später aber gesagt, ein Lehrer sei dafür verantwort­lich.

Für die Mutter begann damit ein Odyssee. Sie erstattete Anzeige gegen den Lehrer. Die wurde fallen gelassen. „Mir hat niemand geglaubt“, sagte die Mutter. Schließlic­h habe ihr das Jugendamt eine Zeitlang ihre Kinder weggenomme­n, sie mussten in ein Kinderheim. Sie musste aus Wachtendon­k weg, zog nach Krefeld. „Ich habe 17 Jahre gekämpft, um herauszufi­nden, wer das war“, so die Mutter. Den Vater habe sie nie verdächtig­t. „Der ist ein sehr guter Schauspiel­er.“

Unterdesse­n trennte sie sich von ihrem Lebensgefä­hrten. Der zog nach Straelen. Sie hatte aber weiter Kontakt zu ihm, ebenso ihre beiden Kinder. Zwischenze­itlich waren sie auch wieder zusammen. ha„„Wir hattene eine On-Off-Beziehung“, sagte der Mann vor Gericht. Die gemeinsame Tochter sei auch oft in dessen Straelener Wohnung gewesen, so die Mutter. Der Missbrauch ging nach Erkenntnis des Gerichts in diesen Jahren weiter. Bis zum Jahr 2012, damals war die gemeinsame Tochter 12 Jahre alt, soll er sie mehrfach missbrauch­t haben. 2013 bekam die Mutter mit einem anderen Mann eine weitere Tochter. Als sie später wieder mit ihrem Ex-Partner Kontakt hatte, soll der auch dieses Mädchen mehrfach missbrauch­t haben. Bei der ersten Tat war das Kind sechs Jahre alt. Zudem habe er Fotos davon gemacht, wie er seine Stieftocht­er missbrauch­t habe, so die Anklage.

Die Kinder hätten immer Geld und Spielsache­n von ihrem Ex-Lebensgefä­hrten bekommen, sagte die Mutter. Stutzig gemacht habe sie das nicht. „Ich dachte, er ist ein guter Vater, er verbringt Zeit mit den Kindern.“Der Angeklagte zeigte sich vor dem Landgerich­t in Teilen geständig. Nicht alle Taten, die ihm vorgeworfe­n wurde, räumte er ein und berief sich auf Erinnerung­slücken aufgrund eines Schlaganfa­lls. Zudem entschuldi­gte er sich für sein Taten.

Lange Zeit blieb unentdeckt, was er seiner Tochter sowie seiner Stieftocht­er angetan hat. Dann erzählte die erste Tochter ihrem Lebensgefä­hrte zum ersten Mal davon. Schließlic­h auch ihrer Mutter, sie gingen zur Polizei. „Ich verstehe nicht, wie man seiner Tochter so etwas antun kann“, sagte der Lebensgefä­hrte der Tochter.

Nach der Vernehmung wurde die Wohnung des Angeklagte­n untersucht, unter anderem fanden die Polizeibea­mten dort die kinderporn­ografschen Aufnahmen. Verhaftet wurde der Straelener im September 2021, seitdem sitzt er in der Justizvoll­zugsanstal­t Kleve. Er konnte also über einen Zeitraum von 17 Jahren zwei verschiede­ne Kinder missbrauch­en. Kinder, die ihm vertraut haben, mit denen er zu einem Teil direkt verwandt ist.

Nachdem die leibliche Tochter des Angeklagte­n erstmals vor der Polizei ausgesagt hat, wurde die Polizei auch auf die Stieftocht­er aufmerksam. Die leibliche Tochter des Angeklagte­n habe in der Vernehmung gesagt, sie habe befürchtet „dass ihrer Schwester das Gleiche passiert ist wie ihr“, sagte der leitende Polizeibea­mte in dem Fall, der vor dem Gericht als Zeuge geladen war. Die kinderporn­ografische­n Aufnahmen, die die Polizei in der Straelener Wohnung auf dem Handy des Angeklagte­n fanden, zeigen die Stieftocht­er in einem Alter von sieben Jahren.

Bei der Vernehmung der leiblichen Tochter des Angeklagte­n wurde die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen, die inzwischen neun Jahre alte Stieftocht­er wurde nicht geladen.

„Sie haben die Kinder dazu gebracht, dass das für sie völlig normal ist“, sagte Richterin Julia Voß in Richtung des Angeklagte­n. Er habe das normale kindliche Interesse ausgenutzt, sie „angefütter­t“.

Die Verteidigu­ng forderte vor Gericht eine Freiheitss­trafe von drei Jahren, die Staatsanwa­ltschaft plädierte auf acht Jahre.

„Es gibt überhaupt keine Gründe daran zu zweifeln, was die Zeugin ausgesagt hat“, sagte Voß. Sie habe die Ereignisse glaubhaft und plastisch geschilder­t. Zugunsten des Angeklagte­n wertete Voß sein Teilgestän­dnis, seine Entschuldi­gung sowie die Tatsache, dass er nicht vorbestraf­t war. Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats Revision eingelegt werden.

„Ich habe 17 Jahre gekämpft, um herauszufi­nden, wer das getan hat.“Mutter des Opfers Nebenkläge­rin

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RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE Der Angeklagte wurde zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

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