Tod, Zwist und Wut auf drei Etagen
Nanni Moretti stellt in seinem Film eine Hausgemeinschaft mit Problemen vor.
(dpa/kna) Vergangenes Jahr lief der neue Film des italienischen Regisseurs Nanni Moretti imWettbewerb von Cannes – nun können auch Kinobesucher in Deutschland die Tragikomödie sehen, die mit einer namhaften Besetzung aufwartet.
Der italienische Originaltitel mutet mal wieder deutlich klingender und ja, hübscher an – bei den titelgebenden„Tre piani“handelt es sich dann aber doch nur um prosaische „Drei Etagen“(so der deutsche Verleihtitel) und nicht etwa um drei Klaviere. Es geht um einWohnhaus, ein dreistöckiges Wohnhaus in einem recht wohlhabenden Bezirk in der altehrwürdigen Hauptstadt Italiens, um dessen Bewohner und um eine Reihe von Ereignissen, die das Zusammenleben dieser drei römischen Familien gehörig durcheinanderschütteln. Es geht um Verluste, ums Alleinsein, um Verantwortung, das richtige Tun. Ganz zu Beginn gibt es einen schrecklichen Autounfall, bei dem ein Mensch sein Leben lassen muss.
Richter Vittorio und seine Frau Dora teilen sich ein Appartamento mit ihrem mehr oder weniger erwachsenen Sohn Andrea. Als dieser betrunken einen tödlichen Autounfall verursacht, hofft er, sein Vater, der Jurist, werde ihn vor einer Verurteilung bewahren. Was sich stattdessen Bahn bricht, sind die lange angestauten Spannungen zwischen Vater und Filius.
Familienvater Lucio ist besessen von der Idee, sein Nachbar könnte seine Tochter missbraucht haben. Bei seiner verzweifelten Suche aber nach derWahrheit begeht er einen Fehler. Und dann ist da noch die junge Mutter Monica, die immer wieder allein ist mit ihrem Baby und Probleme damit hat, Realität und Fantasie zu unterscheiden. „Komm bald nach Hause, bitte!“, fleht sie ihren Mann an, der ständig auf Geschäftsreisen ist.
Der Beinahe-Zwei-Stünder wartet auf mit einer namhaften Besetzung: die schon des Öfteren mit dem wichtigsten italienischen Filmpreis bedachte Margherita Buy ist dabei, Alba Rohrwacher („Die Einsamkeit der Primzahlen“) und Nanni Moretti selbst. Mit seinen „Drei Etagen“war Regisseur Moretti bereits zum achten Mal mit dabei beim so wichtigen Film-Wettbewerb in Cannes.
Vergangenen Sommer präsentierte der Italiener (Jahrgang 1953) an der Croisette seine „Tre piani“. Erstmalig hat der Schauspieler, Produzent, Skriptautor und Regisseur, der sich mit Werken wie „Das Zimmer meines Sohnes“oder „Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“einen Namen gemacht hat, kein eigenes Drehbuch verfilmt.
Vorlage für diesen Film war vielmehr der Roman „Über Uns“des israelischen Schriftstellers Eshkol Nevo. Er ist an das Strukturmodell Freuds angelegt. In dem Roman geht es um drei Protagonisten, die sich mit Konflikten rund das Ich, das Es und das Über-Ich beschäftigen müssen. Bis zum Ende werfen die Ereignisse des Beginns einen dunklen Schatten. Es fehlen der leise Humor und die sanfte Ironie, die Morettis frühere Filme zu letztlich vergnüglichen Abhandlungen des Humanen machten.
„Drei Etagen“, Italien/Frankreich 2021, Regie: Nanni Moretti; Margherita Buy , Riccardo Scamarcio , Elena Lietti; Länge: 121 Min, FSK: 12