Burg, Dom und Tassen vom Feinsten
Für seine PorzellanManufaktur ist Meißen weltberühmt, aber auch die Altstadt mit dem Burgberg hat Starqualitäten.
Gerade erst im Tharandter Wald, einer Naturschönheit zwischen Freiberg und Dresden, entsprungen, ist die Reise der Triebisch auch schon bald wieder zu Ende, wenn sie nach bescheidenen 37 Kilometern durch die Mitte Sachsens die Elbe erreicht. Genau dort, wo der kleine in den großen Fluss mündet, hat das 1000-jährige Meißen im Winkel der beiden Wasserläufe seine Altstadt platziert: ein Gewirr aus schmalen Gassen und malerischen Plätzen, hofiert von sorgsam restaurierten Bürgerhäusern aus Gotik, Renaissance und Barock und beschattet von den mächtigen Silhouetten von Albrechtsburg und Dom, die erhaben auf dem Burgberg thronen. Eine ganze Armada an Architekturschätzen also, denen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Besucher zukäme, gäbe es da nicht reichlich Ablenkung durch die vielen hübschen Läden und die örtliche Gastronomie.
Solange das Wetter mitspielt, finden gerade die Lokale am Markt schnell ihr Publikum. Hier im Zentrum der Altstadt lässt sich wunderbar unter freiem Himmel tafeln und zugleich die Sehenswürdigkeiten des großen Platzes in Augenschein nehmen: das stattliche Rathaus aus der Zeit der späten Gotik, das prächtig herausgeputzte Häuserensemble und dann die Frauenkirche, die in der südwestlichen Ecke dem Markt die angeschmutzte
Sandsteinfassade ihres Chors zuwendet und einen ersten Hinweis auf Meißens Ruf als Wiege der europäischen Porzellanherstellung liefert. Denn im Turm der dreischiffigen Hallenkirche befindet sich seit fast 100 Jahren das erste spielbare Porzellanglockenspiel der Welt.
Gleich mehrere Gassen verlassen den Markt und zeigen Meißens Gästen auch den Rest seiner schönen Altstadt. Eine von ihnen ist die Burgstraße, deren schmales Pflaster, begleitet von bunten Hausfassaden, ohne Umweg Richtung Burgberg eilt. Immer bergan, bis zu dem lauschigen Platz am Café Zieger, wo einst das Gebiet der Meißner Bürgerstadt endete und die Welt von Adel und Klerus begann, deren Freihöfe etwa an der Freiheit oder Am Schlossberg zu sehen sind. Hier am Ende der Burgstraße lässt sich nochmal durchschnaufen für den finalen Aufstieg zum Domplatz, der wie ein Balkon hoch über der Stadt und der Elbe liegt. Zauberhafte Häuser, die dem Platz eine romantische Note geben, teilen sich die weite Fläche mit Dom und Albrechtsburg, deren äußere Gestalt unterschiedlicher kaum sein könnte: hoch und düster der eine, die andere niedriger und sehr licht im strahlenden Weiß ihres Anstrichs.
Einträchtig stehen der herrliche Kathedralbau, geschaffen nach demVorbild der französischen Gotik, und die ab 1471 entstandene Residenz derer vonWettin beieinander.Wobei Deutschlands erstes Schloss nie wie geplant bewohnt wurde und die meiste Zeit leer stand. Was sich erst unter August dem Starken, Sachsens Kurfürst, ändern sollte, der 1710 in den pompösen Räumlichkeiten die erste Porzellanmanufaktur Europas einrichtete und damit den Siegeszug des „Weißen Goldes“aus Meißen einläutete, dessen Rezeptur der Alchemist Johann Friedrich Böttger mit etwas Hilfestellung zwei Jahre zuvor „erfunden“hatte.
Ein Schloss als Fabrik. Das konnte nicht lange gut gehen, denn die Produktion, die sich vom Boden bis zum Keller ausdehnte, schadete dem Bau enorm. Nach 153 Jahren war dann Schluss. Die Albrechtsburg konnte einer umfassenden Restaurierung und einer Zukunft als Museum entgegensehen. Und die Produktionsstätte zog in einen Neubau außerhalb der Altstadt. „Was eine logistische Meisterleistung war“, wie Beate Debernitz, Gästeführerin in der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen, versichert.
Noch heute entstehen aus Kaolin, Feldspat und Quarz wundervolle Porzellankreationen in Meißen – aufwendig in Handarbeit gefertigt, ausgesprochen kostbar und in der ganzen Welt begehrt. Wer sich für das Thema interessiert, ist in der „Erlebniswelt Haus Meissen“in der Talstraße rund ums Jahr willkommen. Eine Besichtigung der Schauwerkstatt erlaubt den Besuchern einen guten Blick auf Fertigung und Gestaltung, zeigt ihnen die Arbeit von Dreher, Bossierer und Porzellanmaler.
Derart mit Wissen gefüttert, geht es weiter ins Museum, dessen Dauerausstellung einen spannenden Rundgang verspricht: von der interaktiven Einführung in die Welt des Porzellans bis zur Präsentation einer grandiosen Sammlung aus 300 Jahren Manufakturgeschichte. Um nicht mit leeren Händen heim zu kommen, bietet einem im Anschluss an den Besuch noch ein Shop die Gelegenheit, in ein Lieblingsteil aus dem Hause Meissen zu investieren, erkennbar am berühmten Markenzeichen der gekreuzten Schwerter und am Preis, denn billig sind die edlen Teller und Tassen sicher nicht.