Rheinische Post Kleve

Zwischen Wind und Wellen

Gran Canaria ist mehr als nur die Partyhochb­urg der Kanaren. Die Insel überrascht vor allem Wasserspor­tler mit interessan­ten Surfspots, windigen Segelgebie­ten und einer fasziniere­nden Unterwasse­rwelt.

- VON ANNA KAROLINA STOCK

Surfer zieht es auf die windige Insel Fuertevent­ura. El Hierro lockt mit spannenden Tauchspots. La Palma gilt alsWanderp­aradies für Outdoorfre­unde. Und Gran Canaria? Da denken viele an Pauschalto­urismus, funktional­e Hotelbausü­nden aus Beton und die Partymeile an der Playa del Inglés. Einigen kommen eventuell noch die Sanddünen von Maspalomas in den Sinn. Doch für Aktivurlau­b ist die Kanarenins­el kaum bekannt. In der Tat wollen die meisten Urlauber die Sonne genießen und abends in das Nachtleben der belebten Strandprom­enaden eintauchen – zum Beispiel an den touristisc­hen Hotspots entlang der Südküste. Doch das heißt noch lange nicht, dass man auf Gran Canaria nichts anderes erleben kann. Mit ihrem ganzjährig milden und sehr konstanten Klima ermöglicht die drittgrößt­e der sieben Kanarenins­eln zahlreiche Aktivitäte­n auf und im Meer.

Obwohl das sonnige Fuertevent­ura als „Surfers‘ Paradise“weitaus bekannter ist, gehört Gran Canaria zu den besten Surfrevier­en Europas. Nicht umsonst unterhält der ehemalige Windsurfpr­ofi und 42-fache Weltmeiste­r Bjørn Dunkerbeck eine eigene SurfundWin­dsurfschul­e auf der Insel. Der Sohn dänisch-niederländ­ischer Eltern dominierte 30 Jahre lang das Windsurfen wie US-Superstar Michael Phelps das Schwimmen. Auch nach seinem Rücktritt von der World Tour im Jahr 2014 spielt Windsurfen eine große Rolle in seinem Leben. „Ich bin eigentlich jeden Tag im Wasser – entweder zum Windsurfen oder zum Stand-up-Paddling“, erklärt der vierfache Familienva­ter. „Hier an der Playa de Águila können Anfänger und Fortgeschr­ittene 220 Tage im Jahr surfen. Wir haben immer guteWellen – nicht zu groß und nicht zu klein – und eine durchschni­ttliche Jahrestemp­eratur von 22 Grad“, schildert Dunkerbeck.

Echte Könner verschlägt es zum Teil auch an die Nordküste zwischen Las Palmas und Gáldar. Fortgeschr­ittene Windsurfer sind an der böigen Ostküste in Vargas, Arinaga oder Pozo Izquierdo gut aufgehoben. Letzterer sei ein Paradies für Windsurf-Fans, so Dunkerbeck. DankWindge­schwindigk­eiten von bis zu 75 km/h und drei Meter hohen Wellen finde dort jedes Jahr sogar eine Etappe der profession­ellen Windsurf-Weltmeiste­rschaften (PWA Windsurf Worldcup) statt. „Gran Canaria und

Fuertevent­ura werden gerne als europäisch­es Hawaii bezeichnet“, verrät der Profi. Da er die idealen Bedingunge­n vor der Haustür hat, nimmt Dunkerbeck regelmäßig selbst an Wettbewerb­en teil. „Zum Windsurfen ist man nie zu alt – im Gegenteil, es hält jung“, findet er. Bestes Beispiel sei sein Vater Eugen, der mit 75 immer noch auf dem Brett steht.

Die Windbeding­ungen machen Gran Canaria nicht nur zu einem beliebten Surfspot, sondern auch zu einem erstklassi­gen Segelrevie­r – insbesonde­re die Südwestküs­te zwischen Arguineguí­n und Puerto de Mogán. Die Häfen der idyllische­n Küstenstäd­tchen sind Anlaufpunk­t für Segler aus aller Welt, die während ihrer Segeltörns nicht selten von Delfinen und sogar Walen begleitet werden. Wer nicht selbst am Steuerrad steht, kann die Tiere auf einem Bootsausfl­ug in Augenschei­n nehmen. „Kaum irgendwo auf derWelt kann man so gut Wale beobachten wie vor den Kanarische­n Inseln“, beteuert Javier Zaera, Inhaber des Beobachtun­gsbootes Spirit of the Sea. Große Tümmler, Streifende­lfine, Brydewale seien sehr häufig zu sehen. „Von weltweit rund 80 bekannten Walarten sind vor den Kanaren bisher knapp 30 gesichtet worden – Biologen nennen das rekordverd­ächtig.“Einige der Meeressäug­er halten sich das ganze Jahr über im windgeschü­tzten Südwesten der Inseln auf. Die Passatwind­e sorgen für günstige Strömungen und dadurch für reichlich Nahrung. Zudem fallen die Küsten steil ab, wodurch zum Beispiel Pottwale einen Vorteil haben, da sie ihr Futter – unter anderem Riesenkalm­are – in den Tiefen des Ozeans suchen.

„Die kanarische­n Gewässer sind zwar nicht so bunt wie in der Karibik oder dem Roten Meer, aber sehr fischreich, was sie bei Hochseeang­lern und Tauchern gleicherma­ßen beliebt macht“, erzählt Michal Piskorski von der Tauchschul­e Delphinus. Vor der Küste Puerto Ricos im Südwesten der Insel wurden bereits mehrere Weltrekord­e im Hochseefis­chen aufgestell­t. „Anstatt Fische zu angeln, sollte man jedoch lieber in Taucherbri­lle und Flossen schlüpfen und die einzigarti­ge Unterwasse­rwelt aus der Nähe betrachten – ohne sie dabei zu zerstören“, empfiehlt Piskorski. Zahlreiche Tauchspots befinden sich direkt vor Puerto de Mogán, nur selten dauert die Fahrt dorthin länger als fünfzehn Minuten. „Dank der geschützte­n Lage und der guten Wetterverh­ältnisse ist Tauchen hier das ganze Jahr über möglich“, erklärt der Dive Master. „Viele Urlauber sind positiv überrascht, wenn sie sehen, wie fischreich unsere Gewässer sind.“Und diese können sich durchaus sehen lassen: von silbrig glänzenden Barrakuda-Schwärmen über jagende Makrelen, Schmetterl­ingsrochen bis hin zu zigtausend gelbschwan­zigen Bastard-Grunzern, die sich um die zahlreiche­n Schiffswra­cks tummeln. Mit etwas Glück erblickt man sogar einen seltenen Engelhai, der sich gut getarnt auf dem Sandgrund versteckt.

Neben dem Fischreich­tum befinden sich vor Puerto de Mogán auch zwei Schiffswra­cks in nur 20 Metern Tiefe auf dem sandigen Meeresgrun­d: die Cermonia II und die Allegranza. Unter ihren Stahlstruk­turen erspäht man oft große Rochen, jede Menge Muränen und anderes Getier, das sich tagsüber lieber in der Dunkelheit versteckt. „Womit allerdings kein Taucher rechnet: Wenn sich plötzlich mit leichtem Surren ein quietschge­lbes U-Boot nähert, aus deren Bullaugen neugierige Touristen die Unterwasse­rwelt bestaunen“, schildert Piskorski lachend. Das U-Boot-Unternehme­n Submarine Adventure hat gleich mehrere alte Schiffe versenkt, um seine Unterwasse­rtouren für Urlauber noch abenteuerl­icher zu gestalten. Einige der Schiffswra­cks sind sehr gut erhalten und haben sich zu intakten künstliche­n Riffen entwickelt. Bei anderen wurde die Sprengladu­ng falsch berechnet, sodass ihre Überreste verstreut in Trümmern liegen.

INFO

Anreise Nonstop-Flüge ab Düsseldorf mit TUI

Fly (www.tuifly.com) und Condor (www.condor.com). Vor Ort ist ein Mietwagen empfehlens­wert (billiger-mietwagen.de).

Reisezeit Auf Gran Canaria herrscht ganzjährig ein angenehmes Klima mit Temperatur­en zwischen 20 und 26 Grad.

Wasserspor­t Unter der offizielle­n Marke Gran Canaria Blue wird das vielfältig­e Wasserspor­tangebot der Insel mit einer breiten Auswahl an Unterkünft­en direkt am Meer vereint. Zum ganzjährig­en Angebot gehören Tauchen, Segeln, Surfen, Windsurfen, Bootstoure­n, Delfin- und Walbeobach­tungen, Kajakfahre­n, Jetski, Parasailin­g und Angeln. www.grancanari­ablue.com

Informatio­nen Ausführlic­he Informatio­nen sind auf den deutschspr­achigen Websites von Gran Canaria und Gran Canaria Blue zu finden.

Puerto de Mogán ist nicht nur ein guter Ausgangspu­nkt für Tauchausfl­üge, sondern mit seinen schmucken Gässchen, Wasserkanä­len, dem idyllische­n Hafen und den renovierte­n Fischerhäu­sern auch eines der schöneren Küstendörf­er Gran Canarias. Nicht umsonst nennen die Einheimisc­hen den mittlerwei­le touristisc­hen Ort liebevoll „Venedig der Kanaren“. Will man die touristisc­hen Hotspots lieber hinter sich lassen, ist das ursprüngli­che Gran Canaria nur wenige Autominute­n entfernt. Mit einem Mietwagen erreicht man in kurzer Zeit eine andere Welt: Ursprüngli­che kanarische Dörfer bilden weiße Tupfen zwischen Obstanbau und Gemüsefeld­ern. Neben Avocado-, Mango- und Orangenbäu­men gedeihen Dattelpalm­en, die in höheren Lagen Kiefernwäl­dern in wilder Berglandsc­haft weichen. Die abenteuerl­iche Fahrt über enge Serpentine­n lohnt sich allein schon wegen der Aussicht – bei gutem Wetter sogar bis nach Teneriffa. Von Partyhochb­urg oder Rentnerpar­adies ist hier wahrlich nichts mehr zu spüren.

Die Recherche für diesen Beitrag wurde unterstütz­t von Gran Canaria Blue.

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FOTO: BJØRN DUNKERBECK SURF Bjørn Dunkerbeck ist der erfolgreic­hste Windsurfer aller Zeiten. Auf Gran Canaria unterhält der 42-fache Weltmeiste­r seine eigene Surfschule.
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FOTO: ANNA KAROLINA STOCK Puerto Rico liegt im Südwesten Gran Canarias. Hier lohnt es sich zu tauchen.

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