In Tradition verbunden
Die anmutigen Zeesboote mit ihren typischen rotbraunen Segeln, die von Frühling bis Herbst an den Boddenhäfen auf dem Wasser liegen, wirken wie die Kulisse eines nostalgischen Werbespots.
Prächtige architektonische Schatzkammern sind die Altstädte von Stralsund und Wismar schon auf den ersten Blick. Sie stehen deshalb seit 2002 auf der Liste des Unesco-Welterbes. Eine kostbare Auszeichnung, die 2022 ihr 20. Jubiläum feiert. Doch durch museale Architektur allein entsteht keine Lebensqualität – es sind die Menschen hinter den Kulissen, die die besondere Wohlfühlatmosphäre in beiden Städten schaffen. Sie haben auf diese Weise dafür gesorgt, dass Wismar und Stralsund auch auf den zweiten, den dritten und vierten Blick richtig schön sind. Wovon auch die Touristen profitieren. Touristen, die zum Beispiel in der Fischmanufaktur Rasmus in Stralsund Halt machen, in der „Tea Boutique“oder im Weinladen Kindler. Das Künstlerpaar Johanna Kanka-Maué und Lars Maué in Wismar wandelt auf Nosferatus Spuren, der Film wurde hier 1922 gedreht. www.stralsundtourismus.de www.wismar.de
Dass die historischen Zeesboote auch heute noch das maritime Bild der Boddenhäfen vor der Halbinsel schmücken, ist nicht zuletzt Familie Eymael zu verdanken. Vater Peter Eymael erwarb 1966 ein solches Zeesboot zum eigenen Vergnügen. Inzwischen gehört ihm und seinem Sohn Jochen neben der „Butt“, die 1936 gebaut wurde und 11,50 Meter lang ist, auch die noch ein wenig ältere, aber ebenso geschmeidige „Bill“. Früher wurden solche Boote aus Eichenholz ausschließlich von Fischern für ihre Arbeit benutzt. Mit ihnen „zeesten“die Fischer, was in der Seefahrersprache so viel heißt wie: Sie stellten die Segel gegen den Wind und segelten, ein großes Fangnetz im Schlepptau, quer zum Wind. Vom Namen dieser Fangtechnik leitete sich der Name der Boote ab.
Die Zeit des Zeesens ging allerdings auf dem Bodden Ende des vergangenen Jahrhunderts unwiderruflich zu Ende. Heute gibt es noch knapp über 100 Zeesboote in den Küstengewässern der Region, die entweder als reine Liebhaberei ihrer Eigner hingebungsvoll gepflegt, oder zu touristischen Zwecken genutzt werden. Auf diese Weise wird das immaterielle Kulturerbe der Region sichtbar aufrechterhalten. Und wie sichtbar! Die weithin leuchtende rotbraune Farbe der Segel war keine modische Entscheidung. Die alten Fischer konservierten – in der Fachsprache„lohen“genannt – das Segeltuch mit Ockerfarbe, Holzteer, Lebertran oder einem Sud aus Eichenrinde und Talg. So entstand dieser charakteristische Farbton, den Kenner auch heute noch sofort mit der Zeesboot-Flotte auf den Bodden rund um die Halbinsel verbinden.
„Zeit für die Buddel“, ruft Peter Eymael und stößt seinen Freund Axel an. Eigentlich hat heute sein Sohn Jochen das Kommando an Bord der schmucken „Butt“, er ist schon seit Mitte der 90er-Jahre im Familienbetrieb tätig. Doch heute ist ausnahmsweise Vater Peter mit ihm und einigen Seglerfreunden auf dem Saaler Bodden unterwegs – und wer einmal der Kapitän war … Axel hat derweil rundum die Gläser gefüllt und deklamiert mit tiefer Stimme: „Rasmus, altes Rübenschwein, bring uns Wind und Sonnenschein, nicht zu wenig, nicht zu viel, bring uns sicher an das Ziel. Wir fahren nachWest, wir fahren nach
Ost, darauf: Prost!“Kaum ist der letzte Ton verebbt, landet der hochprozentige Korn auch schon in den durstigen Kehlen der Besatzung, die heute aus drei Seemännern und einem staunenden Gast besteht. „Der Schnaps gehört doch ins Wasser“, beschwert sich Jochen und hat eigentlich recht, schließlich soll ja Rasmus, der Gott des Windes und der Meere, mit diesem Opfer gnädig gestimmt werden. So will es der Aberglaube. Aber Vadder Eymael winkt lachend ab: „Das Rübenschwein hat im Laufe der Jahre schon genug Opfer erhalten!“
Jochen Eymael war in diesen Jahren schon oft mit ihm an Bord, bereits als kleiner Buttje fing ihn der charmante Zauber der Zeesboot-Segelei ein. Im Vorschulalter hatte er sich dann bereits mit den wichtigsten Handgriffen auf dem Boot vertraut gemacht, ein Seemann wie er im Buche steht. Klar, dass er gar nicht an
Eingehüllt in ein großes, rosafarbenes Handtuch lehnt Maja mit halbgeschlossenen Augen in den Armen ihrer Mutter. „Das war ein schöner Tag, oder?“, flüstert Katharina der Achtjährigen ins Ohr. Windgeschützt und zufrieden kuscheln sich die beiden in einen blau-gelben Strandkorb am fünf Kilometer langen Strand von Lubmin.
Der Tag begann in bester Urlaubsmanier im Baltic Sea Resort in Kröslin, wo die Familie, Mutter, Vater und zwei Töchter, ein schwimmendes Ferienhaus gemietet hat. Bei Hafenblick, Marmeladenbrötchen und Orangensaft wurden Pläne geschmiedet. Eine Fahrradtour, zwölf Kilometer lang, vom Hafen Kröslin zum Strand Lubmin, mit Zwischenstopp im Fischerdorf Freest samt Fisch-Imbiss und Kutterfahrt. Das Seebad Lubmin am Greifswalder Bodden ist mit seinem langen Sandstrand und der Seebrücke besonders familienfreundlich.