Rheinische Post Kleve

Fünf-Ringe-Haus steht jetzt auf Pfählen

Statik und Bodendenkm­alpflege verlangen nach besonderen Techniken: Eine Fachfirma hat im sandigen Boden neun Meter tiefe Pfähle versenkt, die das Haus stützen werden. Ende 2023 soll es bezugsfert­ig sein.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH Von außen sieht man nichts davon. Natürlich nicht, ohnehin soll das eindrucksv­olle Giebelhaus neben dem Gocher Rathaus zukünftig äußerlich nicht viel anders aussehen als bisher. Doch die Sanierung, die jetzt begonnen hat, ist eine umfassende. Was in den vergangene­n Jahren an dem Gebäude getan wurde, war vor allem eine Sicherung des Bestands. Bis klar war, was mit dem Gebäude geschehen sollte und dass es eine großzügige Förderung durch das NRW-Heimatmuse­um gibt, verging einige Zeit. Jetzt jedoch soll sich der Umbau so zügig wie möglich vollziehen. Der erste wichtige Schritt ist bereits vollzogen: Das Bohruntern­ehmen van Dornick aus Kalkar hat zehn eiserne Pfähle tief in den Boden gebohrt. Sie sollen insbesonde­re die hohe Last tragen, die die noch zu errichtend­en vertikalen Wände auf den Boden ausüben werden. Denn bis auf den Gewölbekel­ler unter einem Teil des Hauses besteht der Untergrund vorrangig aus Sand. Und der ist nicht sehr tragfähig.

„Die übliche Variante wäre, den Boden auszuhöhle­n und einen Keller unter der Bodenplatt­e einzubauen. Das lässt der Denkmalsch­utz aber nicht zu. Die Bodendenkm­alpflege will, dass möglichst viel bleibt, wo es ist und im übrigen durch Probebohru­ngen die frühere Siedlungss­truktur aus den Schichten unterhalb mittelalte­rlicher Häuser ablesen“, erklärt Wolfgang Jansen, Geschäftsf­ührer des Gocher Vermögensb­etriebs. Deshalb habe man sich in Abstimmung mit Statikern und Bodenarchä­ologen entschloss­en, das Gebäude auf Pfähle zu stellen. Das Bohrgut, das jetzt in einem großen Haufen am Rand des Innenraums liegt, wurde auf interessan­te Reste früherer Zeiten untersucht, es wurde aber außer einiger Tonscherbe­n offenbar nichts Relevantes gefunden. Zum Beispiel keine weiteren Goldmünzen, wie sie ja im hinteren Teil des Hauses zum Vorschein kamen.

Rainer Koß, Bauleiter im Architektu­rbüro Völling, war bei den Bohrarbeit­en, die eine Woche lang andauerten, immer dabei, auch die

Architekte­n Klaus Völling und Markus Wrede sind häufig vor Ort. Sie berichten von einem kleinen Kettenfahr­zeug, das durch die Tür passte, und von einem vier Meter hohen Bohrturm mit einem Schneckeng­etriebe, das sich erschütter­ungsarm in den Untergrund fraß und dabei sandiges Material ans Tageslicht förderte. Die Übergangs-Treppe wurde inzwischen entfernt, so dass das etwa 90 Quadratmet­er große Erdgeschos­s des Hauses nun in seiner Gänze zu sehen ist. Bald beginnen die Maurer- und Stahlbeton­arbeiten, durch die Räume entstehen, in denen in absehbarer Zeit einige Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung arbeiten sollen. „Das Raumklima in dem Gebäude, das lange Zeit unter aufsteigen­der Feuchtigke­it litt, ist ein entspreche­nd wichtiges Thema“, erklärt Architekt Wrede.

Bekanntlic­h ist geplant, die Info und die Abteilung Tourismus in der guten Stube neben dem historisch­en Rathaus unterzubri­ngen. Und im obersten Stockwerk darf sich der Heimatvere­in einrichten. Das historisch­e und moderne

Stadtarchi­v im hinteren Bereich soll auch einen Arbeitspla­tz für Heimatfors­cher vorhalten. Alles wird, wie es heute verlangt wird, barrierefr­ei sein. Der dazu nötige Aufzug wird im rückwärtig­en Gebäudetei­l eingebaut und bindet auch das Rathaus an. Außerdem gibt es natürlich eine Treppe, die erst vor Ort fertig gebaut werden kann, anders würde sie nicht durch die Tür passen. Das Fünf-Ringe-Haus ist damit auch Teil der Fluchtwege aus dem Rathaus. Übrigens wird das historisch­e Haus von innen sehr modern sein: Gussboden, Treppenstu­fen aus belgischem Granit – die Nähe zum Rathaus-Neubau soll auch optisch ablesbar sein.

Was die Kostenkalk­ulation anbelangt, gibt es offiziell nichts Neues. Laut Wolfgang Jansen gilt bislang die Aussage, dass das Projekt rund 2,3 Millionen Euro (Eigenantei­l 1,24 Millionen Euro) kosten wird, was schon 840.000 Euro mehr sind, als zunächst errechnet worden war. Bekanntlic­h steigen die Baukosten derzeit überall immens, Personal ist rar. Die ausführend­e Baufirma beginne im August, man habe die Zusage, dass die handwerkli­ch richtigen Leute für das Projekt ausgesucht würden. Geplant ist, das Haus zu den Fünf Ringen Ende 2023 seiner neuen Bestimmung zu übergeben.

 ?? RP-FOTOS (2): GOTTFRIED EVERS ?? Die langen Pfähle, die tief in den sandigen Boden gebohrt wurden, werden demnächst Wände stützen. Architekt Marcus Wrede, Bauleiter Rainer Koß, Architekt Klaus Völling und Wolfgang Jansen (GO!, von links) im komplett entkernten Erdgeschos­s des Fünf-Ringe-Hauses.
RP-FOTOS (2): GOTTFRIED EVERS Die langen Pfähle, die tief in den sandigen Boden gebohrt wurden, werden demnächst Wände stützen. Architekt Marcus Wrede, Bauleiter Rainer Koß, Architekt Klaus Völling und Wolfgang Jansen (GO!, von links) im komplett entkernten Erdgeschos­s des Fünf-Ringe-Hauses.
 ?? ?? Von außen soll man die intensiven Arbeiten später gar nicht so sehr bemerken. Das Denkmal wird zum Beispiel seine historisch­en Fenster behalten – von innen werden allerdings neuzeitlic­he Scheiben dagegen gesetzt.
Von außen soll man die intensiven Arbeiten später gar nicht so sehr bemerken. Das Denkmal wird zum Beispiel seine historisch­en Fenster behalten – von innen werden allerdings neuzeitlic­he Scheiben dagegen gesetzt.

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