Platz zwei ist der neue Platz eins
Zwei Frauen buhlen um die zweite Position im Finale um die Johnson-Nachfolge. Warum ihre Chancen besser stehen als die des Spitzenreiters Sunak.
LONDON Im Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson als Parteichef der britischen Konservativen und Premierminister ist die Abgeordnete Kemi Badenoch als Letztplatzierte am Dienstag ausgeschieden. Die bislang kaum in Erscheinung getretene Abgeordnete und frühere Staatssekretärin für Gleichstellung hatte sich am rechten Rand der ToryPartei positioniert. Nun sind noch drei Kandidaten im Rennen.
Die verbliebenen Bewerber sollen sich am Mittwoch einer letzten
Abstimmungsrunde in der Fraktion stellen. Dann stehen die beiden Finalisten fest, die sich in einer Stichwahl den Mitgliedern der Konservativen Partei stellen müssen. Im Ausleseverfahren der Fraktion hatte sich bisher in jedem Wahlgang der Ex-Schatzkanzler Rishi Sunak durchsetzen können. Er kann fest damit rechnen, ins Finale zu ziehen. Wichtig wird jetzt der erbitterte Kampf um Platz zwei: Denn wer immer es unter die beiden Finalisten schafft, so zeigen Umfragen, hat bessere Chancen als Spitzenreiter Rishi Sunak, von den Parteimitgliedern
auserwählt zu werden.
Es sind zwei Kandidatinnen, die sich Hoffnung auf Platz zwei machen können: die Handelsstaatssekretärin Penny Mordaunt und die Außenministerin Liz Truss. Die 49-jährige Mordaunt hatte sich überraschend früh als Spitzenkandidatin nach vorne geschoben. Sie hat den Vorteil, nicht dem Kabinett des diskreditierten Premiers Boris Johnson anzugehören, und kann damit glaubwürdiger als Liz Truss einen Neuanfang versprechen. Die 46-jährige Außenministerin dagegen legte einen Fehlstart hin. In der ersten TVDebatte
der Kandidaten wirkte sie so hölzern, dass selbst Parteifreunde sie als „Roboter“bezeichneten.
Am Dienstag versuchte Truss ihre Kandidatur zu retten, indem sie sich als Galionsfigur des rechten Parteiflügels anbot. „Ich bin eine Konservative, die für niedrige Steuern steht“, stichelte sie gegen Sunak, der Steuersenkungen ablehnt, in einem Interview mit der „Times“und porträtierte sich als eine neue Margaret Thatcher: „Ich glaube, der Weg zu größerem Wirtschaftswachstum sind niedrige Abgaben, weniger Regulierungen und Investitionen in
Ausbildung.“Truss hatte im BrexitReferendum für den Verbleib in der EU gestimmt, aber konvertierte danach und behauptet jetzt, dass sie die einzige Kandidatin sei, die den Brexit in seiner kompromisslosesten Form vollenden kann.
Wer früh Favorit wird, wird schnell angegriffen. Mordaunts Kampagne geriet ins Stocken, nachdem eine Reihe von Parteikollegen hinter vorgehaltener Hand und andere auch ganz offen die Staatssekretärin schlecht redeten.
Währenddessen bekommt auch der Favorit Rishi Sunak Gegenfeuer.
Noch-Premier Johnson ist überzeugt, dass der Finanzminister verantwortlich war für die innerparteiliche Revolte gegen ihn und hat die Parole „Jeder andere außer Sunak“ausgegeben.
Johnson warf am Dienstag einen seiner innerparteilichen Gegner aus der Fraktion. Tobias Ellwood sei nicht mehr Teil der Tory-Fraktion, teilte das für die Fraktionsdisziplin zuständige Whip-Office der Tories mit. Grund dafür sei dessen Abwesenheit bei der von der Regierung am Montag eingebrachten Vertrauensabstimmung.