Rheinische Post Kleve

Grausige Details zu Prozessbeg­inn

2014 wird ein Hells Angel ermordet, seine Leiche landet zerstückel­t und einbetonie­rt im Rhein. In Duisburg stehen nun die Hintermänn­er des Verbrechen­s vor Gericht, der Hauptverdä­chtige ist abgetaucht. Die Sicherheit­svorkehrun­gen sind hoch.

- VON CLAUDIA HAUSER

DUISBURG Es ist ein Tuscheln und ein Kichern wie in den hinteren Reihen eines Klassenzim­mers. Der Staatsanwä­ltin wird das bald zu viel. Sie fordert die Angeklagte­n auf, sich nicht weiter zu unterhalte­n. Und erntet genervt-finstere Blicke von der Anklageban­k. Die sechs Männer, 35 bis 46 Jahre alt, sollen Mitglieder des Motorradcl­ubs Hells Angels gewesen sein und müssen sich nun wegen Mordes, Mordversuc­hs und Strafverei­telung verantwort­en. Der Prozess vor dem Landgerich­t Duisburg beginnt am Dienstag unter erhöhten Sicherheit­smaßnahmen. Wer in den Saal will, wird von der Polizei kontrollie­rt, alle Taschen werden überprüft.

Fünf der Angeklagte­n sollen am 9. Januar 2014 in Mönchengla­dbach am Mord an Kai M. beteiligt gewesen sein. Der 32-Jährige soll ebenfalls Mitglied der Hells Angels gewesen sein. Er wurde nach Angaben der Staatsanwä­ltin damals unter einem Vorwand dazu gebracht, in einen Autoanhäng­er zu steigen, der mit einer Plane bedeckt war. Er soll davon ausgegange­n sein, es gehe um einen illegalen Waffendeal. Im Anhänger soll ihm der damalige Mönchengla­dbacher Hells-Angels-Boss Ramin Y. mit einer Maschinenp­istole mit aufgesetzt­em Schalldämp­fer in den Hinterkopf geschossen haben. „Das Opfer war arg- und wehrlos“, sagt die Staatsanwä­ltin. „Die Tötung diente der Beseitigun­g eines Verräters und damit der Festigung der Machtposit­ion der Hells Angels“, trägt sie aus der Anklagesch­rift vor.

Ramin Y. hatte Kai M. offenbar im Verdacht, ein V-Mann der Polizei zu sein. Deshalb wollte die Rocker-Gang Kai M. beseitigen. Y. steht nicht vor Gericht. Er ist abgetaucht und soll in den Iran geflüchtet sein, ein internatio­naler Haftbefehl wurde erlassen. Auf der Anklageban­k sitzt aber der Mann, der Y. damals die Waffe gereicht haben soll. Und ein anderer, der die Leiche von Kai M. zerstückel­t haben soll. Mit einem Trennschle­ifer soll der 43-Jährige Arme, Beine und Kopf abgetrennt, die Leichentei­le in Fässer und eine Mülltonne gelegt und sie mit Mörtel übergossen haben. Einige Fässer sollen die Tatverdäch­tigen von einer Autobahnbr­ücke in den Rhein geworfen haben, andere in die Ruhr.

Einen Monat später entdeckte ein Angler am Rheinufer in Duisburg einen abgetrennt­en Arm. Durch die Tattoos auf dem Körperteil konnten Ermittler es dem vermissten Kai M. zuordnen. Zwei Monate später wurde im Rheinpreuß­enhafen in Homberg der Torso gefunden. Weitere Leichentei­le konnten erst nach Hinweisen eines Mannes geborgen werden, der im Ermittlung­sverfahren als Kronzeuge gilt. Der 46-jährige Mönchengla­dbacher soll als ehemaliges

Mitglied der Hells Angels ebenfalls an den Mord-Planungen beteiligt gewesen sein. Er hatte sich überrasche­nd an die Staatsanwa­ltschaft gewandt und geholfen, die Tat zu rekonstrui­eren. Im Prozess wird er ein wichtiger Zeuge sein.

Die Mutter des Getöteten tritt als Nebenkläge­rin auf. Als der Vorsitzend­e Richter sie mit Blick auf die kommenden Verhandlun­gstage vorwarnt, dass zahlreiche Bilder der

Rechtsmedi­zin im Saal gezeigt werden, was für sie hart werden könne, antwortet sie: „Mein Leben ist schon seit acht Jahren hart.“Eine weitere Angehörige des Opfers hat sich dessen Vornamen auf den Arm tätowieren lassen und trägt ein T-Shirt mit einem Foto von Kai M.

Im Prozess geht es noch um einen weiteren Tatkomplex: Den Mordversuc­h an einem mutmaßlich­en Mitglied des Motorradcl­ubs Bandidos, auf das im November 2013 in Oberhausen geschossen worden war. Das Opfer wurde in seinem Auto von vier Kugeln getroffen, hat den Anschlag aber überlebt. Auch in diesem Fall sollen die Angeklagte­n als Hintermänn­er agiert haben. Der mutmaßlich­e Haupttäter ist auch in diesem Fall untergetau­cht.

Die Angeklagte­n schweigen zu den Vorwürfen. Der Prozess läuft bis mindestens Anfang 2023.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Die sechs Angeklagte­n sollen aus dem Umfeld der Hells Angels stammen.

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