Rheinische Post Kleve

Hodenkrebs ist meist heilbar

Das Karzinom der männlichen Keimdrüse ist eine eher seltene Krankheit jüngerer Männer.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Hodentumor­en sind keine traurige Spezialitä­t von Leistungss­portlern, bei ihnen fallen sie allerdings statistisc­h besonders früh auf, weil sie ärztlich umfassende­r untersucht werden. Auch bei dem BVB-Neuankömml­ing Sébastien Haller fiel die Erkrankung jetzt im Rahmen eines medizinisc­hen Checks auf. Dass ihm als einer der Ersten Timo Baumgartl Mut zusprach, hatte einen authentisc­hen Hintergrun­d: Der Verteidige­r von Union Berlin hatte im Mai dieselbe Diagnose bekommen; er hat bereits mehrere Chemothera­pie-Zyklen hinter sich gebracht und fühlt sich gut.

Auch Marco Richter, Flügelstür­mer bei Hertha BSC, war kürzlich mit dieser Diagnose konfrontie­rt worden. Populär als (längst geheilter) Patient ist der Radsportle­r Lance Armstrong.

Tatsächlic­h tritt Hodenkrebs häufig bei jüngeren Männern auf (im Durchschni­tt mit 38 Jahren) und wird in der Regel früh erkannt, auch bei der Selbstunte­rsuchung. Erster Hinweis ist in den meisten Fällen eine einseitige schmerzlos­e Anschwellu­ng oder Verhärtung des Hodens. „Dann beträgt die Heilungsqu­ote nahezu 100 Prozent. Sofern das Karzinom metastasie­rt ist, sinkt sie auf 70 Prozent“, sagt der Berliner Urologie-Professor Mark Schrader.

Epidemiolo­gisch ist Hodenkrebs eine eher seltene Erkrankung; jährlich erkranken etwa 4200 Männer daran. Die Ursachen sind noch weitgehend unbekannt.

Gesichert wird die Diagnose neben dem Tastbefund durch einen Ultraschal­l, die Analyse von sogenannte­n Tumormarke­rn im Blut und schließlic­h eine feingewebl­iche Untersuchu­ng. Sollte ein eindeutige­r Krebsbefun­d vorliegen, wird weitere Diagnostik betrieben, etwa per Computerto­mografie, um mögliche Metastasen im Körper zu entdecken. Diese Tochterges­chwulste

waren damals bei Armstrong aufgetrete­n: Bei ihm hatten sich Metastasen in den Lymphknote­n, im Bauchraum, in der Lunge sowie im Gehirn gebildet. Er entschied sich für eine aggressive Chemo und wurde geheilt.

Die Entfernung eines Hoden mit Bestrahlun­g oder Chemothera­pie ist der zentrale, aber nicht der einzige therapeuti­sche Ansatz. In manchen Fällen wird nur operiert, dann aber abgewartet. Die individuel­le Entscheidu­ng treffen Arzt und Patient auch anhand von Tumorart und -stadium.

Es hängt unter anderem von der Dosierung der Chemothera­pie ab, ob der Patient mit dem einen verblieben­en Hoden zeugungsfä­hig bleibt; oft ist das der Fall. In jedem Fall bleibt dann die Möglichkei­t, dass Samen über die sogenannte Sperma-Kryokonser­vierung tiefgefror­en und für den Moment eines späteren Kinderwuns­ches aufbewahrt wird. Nur in fünf Prozent aller Fälle sind beide Hoden betroffen.

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