Rheinische Post Kleve

Wir brauchen Solidaritä­t

- VON BIRGIT MARSCHALL

Putins Angriff auf die Ukraine „zielt auch auf unser Wirtschaft­ssystem“, sagte Wirtschaft­sminister Habeck im Bundestag – er hat damit nur allzu recht. Wirtschaft­sverbände erwarten eine beispiello­se Insolvenzw­elle wegen der Energiepre­is-Explosion, die wesentlich vom Kreml-Chef ausgelöst wurde. Eine Pleitewell­e, verbunden mit neuen Ängsten vor Jobverlust­en, kann die beginnende Verunsiche­rung in der Bevölkerun­g steigern.

Die Ampel weiß, dass sie in den sozialen Frieden massiv investiere­n muss. Mit dem 65 Milliarden Euro schweren Entlastung­spaket hat sie ein wuchtiges Maßnahmenb­ündel vereinbart. Allerdings liegt der Schwerpunk­t ganz klar bei den Bürgern. Die Wirtschaft vermisst zu Recht konkretere Zusagen für Unternehme­n, die jetzt in ihrer Existenz bedroht sind.

Ärgerlich ist zudem die Haltung der Länder zum Entlastung­spaket. Verständli­ch ist zwar, dass man in den Staatskanz­leien verschnupf­t ist, weil auch dieses Paket offenbar mit ihnen nicht abgesproch­en wurde. Aber Bund und Länder müssen weiterhin solidarisc­h zusammenst­ehen. Wenn auch CDU-geführte Länder wie NRW ihren Beitrag zum Entlastung­spaket für zu groß halten, fordern sie den Bund indirekt auf, seine Schuldenbr­emse 2023 auszusetze­n. Im Bund aber ist die Union für die Rückkehr zur Schuldenbr­emse. Das passt nicht zusammen.

Robert Habeck hat sich zuletzt einige Patzer erlaubt, die die Verunsiche­rung vergrößern können. Konstrukti­onsfehler in schnell zusammenge­strickten Konzepten wie bei der Gasumlage oder der AKW-Notreserve dürfen ihm nicht passieren, ebenso nicht die umstritten­en Äußerungen über den Unterschie­d zwischen Betriebsst­illlegunge­n und Insolvenze­n in einer Talkshow. Aber auf Habeck kommt es an. Der Mann hat schon ungemein viel geleistet in dieser Krise. Zu wünschen ist, dass er sich eine Atempause gönnt.

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