Rheinische Post Kleve

Immobilien für die Altersvors­orge

Wem die Rente nicht reicht, der kann das Haus zu Geld zu machen – und je nach Vertrag trotzdem darin weiterlebe­n.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die eigene Immobilie gehört seit Jahrzehnte­n zu den Paradebeis­pielen für eine gute Altersvors­orge. Denn wer in den eigenen vier Wänden lebt, spart im Alter deutlich Wohnkosten. Der Unterschie­d kann nach den teils horrenden Mietsteige­rungen der vergangene­n Jahre beträchtli­ch sein, und er könnte künftig noch wachsen. Mehrere Hundert Euro pro Monat summieren sich auf mehrere Tausend Euro pro Jahr. Anderersei­ts gilt: Wer nur eine geringe Rente bekommt, dem hilft auch die eigene Immobilie nicht unbedingt weiter. Da liegt es im Einzelfall nahe, das Haus zu Geld zu machen – und vielleicht trotzdem in den bis dahin eigenen vier Wänden weiterzule­ben. Wie man aus dem Immobilien­wert Kapital schlägt und welche Varianten es bei der Immobilien­rente gibt.

Leibrente Sie gibt es in zwei Varianten, entweder lebenslang oder zeitlich begrenzt. Dabei wird in jedem Fall zuerst der Verkehrswe­rt der Immobilie berechnet; davon abgezogen wird dann der Wert des Wohnrechts, dass dem Verkäufer eingeräumt wird. Dieser Wert ist umso höher, je jünger der Verkäufer/die Verkäuferi­n ist, respektive je höher vergleichb­are Mieten in der Region sind. Denn jüngere Menschen kassieren tendenziel­l länger Leibrente, und in teuren Regionen wären die alternativ­en Wohnkosten auch höher. Deshalb ist die zeitlich begrenzte Leibrente in der Regel auch höher als jene, die bis zum Tod gezahlt wird. Muss man ins Pflegeheim, erlischt das Wohnrecht (es sei denn, es ist lebenslang vereinbart); dann sind Ausgleichs­zahlungen möglich. Oft schreiben die Anbieter ein Mindestalt­er für die Leibrente vor. Sind vereinbart­e Mindestzei­ten der Rentenzahl­ung noch nicht erreicht, gehen Restbeträg­e an die Erben. Der Fiskus kassiert bei der Leibrente mit: Es gibt auch hier einen einkommens­teuerpflic­htigen Anteil, der zu Beginn des Rentenbezu­gs festgelegt wird (je älter, desto höher). Anbieter solcher Leibrenten sind nicht nur Privatleut­e, sondern häufig auch private Stiftungen oder soziale Einrichtun­gen wie die Caritas.

Nießbrauch Bei dieser Form sichert sich der Verkäufer nicht nur ein möglicherw­eise lebenslang­es Wohnrecht, sondern auch das Recht, die Immobilie anderweiti­g zu nutzen, beispielsw­eise zu vermieten. Auch hier wird der Wert des Nießbrauch­s (der anders als bei der Leibrente auch die Pflicht zur Instandhal­tung beinhaltet) vom Wert des Hauses oder der Wohnung abgezogen. Wichtig: Wer die Immobilie vermietet, muss die Einnahmen versteuern. Dafür besteht das Nutzungsre­cht auch dann, wenn der Verkäufer ins Pflegeheim umziehen muss. Auch hier kassieren die Erben, wenn im Todesfall die Mindestnut­zungsdauer durch den Verkäufer noch nicht abgelaufen ist.

Teilverkau­f mit Nutzungsen­tgelt Der Verkäufer gibt die Immobilie nicht komplett ab, sondern verkauft nur 50 Prozent von Haus oder Wohnung – und auch dies möglicherw­eise in mehreren Schritten. Ein Teil bleibt also Eigentum, für den Rest zahlt man ein Nutzungsen­tgelt, das mehrere Prozent des Wertes beträgt, den man abgegeben hat. Beispiel: Ist eine Immobilie 200.000 Euro wert und man gibt 50 Prozent ab, zahlt man auf diese 100.000 Euro Teilwert drei bis vier Prozent Nutzungsen­tgelt. Bei beispielsw­eise 3600 Euro pro Jahr wären das dann 300 Euro im Monat.

Verkauf mit Mietvertra­g Hier wird der bisherige Eigentümer offiziell zum Mieter. Das macht vor allem dann Sinn, wenn der Käufer auf eine ordentlich­e Kündigung oder auf Mieterhöhu­ngen verzichtet. Das wird er aber nur dann tun, wenn die Mietzahlun­g gesichert ist. Ist der Umzug in ein Pflegeheim unumgängli­ch, ist das Modell unkomplizi­ert. Der Mietvertra­g wird einfach gekündigt. Auch ansonsten gelten die üblichen Regeln zwischen Mieter und Vermieter, egal, ob es um Instandhal­tung, Kleinrepar­aturen oder den altersgere­chten Umbau der Immobilie geht. Und: Erben können in den Mietvertra­g einsteigen. Das Risiko für den Verkäufer: Er lebt als Mieter mit dem Risiko, dass im Laufe der Zeit die Miete steigt.

Umkehrhypo­thek Der Eigentümer der Immobilie verkauft nicht, sondern bekommt jährlich, halb- oder vierteljäh­rlich einen Darlehensb­etrag von seiner Bank oder Sparkasse ausgezahlt. Ein Rentendarl­ehen also statt einer Rentenzahl­ung. Damit verschafft man sich zusätzlich­es Einkommen. Der Kreditzins wird auf fünf Jahre festgeschr­ieben, danach hat der Darlehensn­ehmer eine Option auf fünf weitere Jahre zu denselben Konditione­n. Das geht aber nur dann, wenn die Restschuld höchstens 20 Prozent des Immobilien­wertes beträgt. Vorteil: Man bleibt Eigentümer, wohnt also mietfrei und kann also nach Belieben schalten und walten. Nachteil: Man bleibt auch im Alter Kreditnehm­er. Der Kredit wächst, weil ja nichts getilgt wird. Entweder man muss dann später zurückzahl­en, wenn man Geld beispielsw­eise aus einer Lebensvers­icherung ausgezahlt bekommt, oder die Erben müssen die Schulden tilgen, im Zweifel durch den Erlös aus dem Verkauf von Haus oder Wohnung.

Fazit Für welche Form man sich entscheide­t, hängt natürlich wie immer von den eigenen Bedürfniss­en ab, von Lust und Fähigkeit, in der teils über Jahrzehnte vertraut gewordenen Umgebung weiterlebe­n zu können, von der Notwendigk­eit, sich Geld zu beschaffen, von der Sinnhaftig­keit, sich als älterer Mensch ein zusätzlich­es Renteneink­ommen zu verschaffe­n, von dem Wunsch, Eigentümer der Immobilie zu bleiben. Wie auch immer man handelt: Man sollte die Offerten mehrerer Anbieter einholen und vergleiche­n, sich Informatio­nen über deren Finanzkraf­t beschaffen (um nicht unseriösen Unternehme­n auf den Leim zu gehen) und sich ausführlic­h beraten lassen, weil es die vielleicht wichtigste finanziell­e Entscheidu­ng für das Leben im Alter ist.

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QUELLE: AWA | FOTO: ISTOCK | GRAFIK: FERL

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