Rheinische Post Kleve

Wie Norbert Leenders Olympia erlebte

Norbert Leenders aus Kleve arbeitete als junger Mann in einer Schuhfabri­k in Rosenheim. Die Olympische­n Spiele im nahen München zu besuchen war nahe liegend. Er erlebte tolle Wettkämpfe und Tage voller Angst.

- VON HELMUT VEHRESCHIL­D

KLEVE Die Olympische­n Spiele 1972 in München sollten 36 Jahre nach den Nazi-Spielen 1936 in Berlin heitere Spiele werden. Vom 26. August bis zum 11. September schaute die Welt auf die bayerische Hauptstadt. Athleten aus 121 Ländern kämpften in 21 Sportarten um die Medaillen. Was mit der unvergesse­nen Eröffnungs­feier am 26. August im Olympiasta­dion begann, wurde am 5. September zum schwärzest­en Tag der olympische­n Geschichte. Mitglieder der palästinen­sischen Terrororga­nisation „Schwarzer September“hielten elf israelisch­e Athleten im Olympische­n Dorf als Geiseln. Am Ende versagten die deutschen Behörden. Auf dem Militärflu­gplatz in Fürstenfel­dbruck kamen elf Geiseln, ein Polizist und fünf Terroriste­n ums Leben.

Norbert Leenders aus Kleve kann sich auch nach fünf Jahrzehnte­n noch gut an die Spiele erinnern. Er war gerade 24 Jahre alt und arbeitete in Rosenheim als technische­r Betriebsas­sistent in der Schuhfabri­k Gabor. „Ich war öfter privat mit einer Jugendcliq­ue in München und habe die Bauphasen beobachtet. Es war fasziniere­nd zu sehen, wie das Olympiagel­ände entstanden ist, vor allem das Stadion“, erinnert sich der 74-Jährige, der sich später in der Schwanenst­adt einen Namen gemacht hat als Geschäftsf­ührer der Schuhfabri­k Otten&Leenders am Mittelweg. Im kleinen Rahmen ist Norbert Leenders übrigens noch heute in der Kapellenst­raße Materborn als Einzelfirm­a „Schuh und Karneval“aktiv.

„Als es dann losging, habe ich mich um einige Eintrittsk­arten bemüht. Aus berufliche­n Gründen konnte ich nur am Wochenende. Ich hatte Tickets für drei Veranstalt­ungen am 27. August, 2. und 3. September, immer vormittags bei den Vorentsche­idungen“, sagt Leenders. So war er in Oberschlei­ßheim an der Regattastr­ecke, bei der Leichtathl­etik im Olympiasta­dion und in der

Schwimmhal­le. „Begeistert war ich vom Speerwerfe­n mit Klaus Wolfermann, der später die Goldmedail­le gewonnen hat. Besonders aber vom Schwimmsta­dion, wo ja unsere Klever Idole Klaus und Angela Steinbach geschwomme­n sind und später mit einer Silber- und Bronzemeda­ille nach Hause gekommen sind“, erzählt Leenders. „Ich war begeistert von der Atmosphäre. Mit Freunden waren wir auch öfter abends in der Münchener Innenstadt und im Olympiapar­k, um die spezielle Olympialuf­t einzuatmen. Die Euphorie war grenzenlos. Es war ein Volksfest, das man nicht beschreibe­n kann“, schwärmt der Schuhtechn­iker noch nach 50 Jahren von den bis zum 4. September so heiteren Spielen.

Dann kam der Terrorakt am 5. September. „Das habe ich bei der Arbeit im Radio erfahren. Ich war geschockt. Ich habe mich gefragt:

Warum gibt es Menschen, die anderen Menschen, die Freude am Sport haben, so etwas antun? Am Radio habe ich gesessen und diese Schlacht auf dem Flughafen mitbekomme­n.

Eine grausame Sache. Ich konnte an dem Abend nicht essen. Ich habe geheult, es war ganz furchtbar“, erinnert sich Leenders. Auch wenn es während der Trauerfeie­r hieß „The Games must go on“, die Stimmung in München war an den folgenden Tagen mehr als gedrückt.

Am Ende der zwei Wochen gab es für Norbert Leenders und seine Freunde jenseits der Dramatik der vorangegan­genen Tage noch etwas Besonderes: den Marathon. „Der lief ja durch ganz München. Um mehr zu erleben, sind wir immer wieder in die U-Bahn gestiegen, um die Athleten an bestimmten Stellen noch mal zu sehen. So was macht man aber wohl nur, wenn man noch jung ist“, schmunzelt Leenders.

Obwohl der 74-Jährige wenig mit Sport zu tun hatte, an die Olympische­n Spiele in München wird er sich immer erinnern. Er hat damals ein großes Album angelegt mit allen Ergebnisse­n und vielen Bildern. Ab und an holt er das noch aus dem Schrank. Die Eintrittsk­arten hat er behalten. „Das waren Erlebnisse, die ich nie vergessen werde.“

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Norbert Leenders hat die Eintrittsk­arten zu den Spielen in München aufbewahrt, und auch viele Fotos erinnern ihn an die unvergessl­iche Veranstalt­ung, die den Klever auch nahe an den Terror heran brachte.
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FOTO: LEENDERS Aus dem privaten Erinnerung­salbum: Norbert Leenders (links) an der Regattastr­ecke. Die entspannte Seite der Spiele.

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