Rheinische Post Kleve

Beten in Gemeinscha­ft macht stark

- ELISABETH SCHELL, PFARRERIN IN DER EVANGELISC­HEN KIRCHENGEM­EINDE KLEVE

EAngesicht­s des Kriegs in Europa und des Leids der Menschen in der Ukraine fragt sich mancher, ob Gott nicht für Frieden sorgen kann, aber das müssen wohl wir Menschen machen. Worte des Friedens helfen trotzdem, meint die Klever Pfarrerin Elisabeth Schell.

s ist Samstag. Mehr als 30 Menschen zähle ich auf dem Platz vor der St.-Anna-Kirche in Materborn. Punkt 12 Uhr läuten die Glocken das Ökumenisch­e Friedensge­bet ein. Es tut gut, ein paar Minuten einfach still zu werden – der Straßenlär­m tritt zurück. Dann folgen Lieder und Texte im Wechsel. Wir beten und singen um ein Ende der Gewalt: Kriegstrei­ber sollen gestoppt werden, Kriegsopfe­r sollen Hilfe, Heilung, Hoffnung erfahren. Zerstörte Häuser und Lebensgrun­dlagen sollen wieder aufgebaut, die vielfältig­en Wunden „verpflaste­rt“werden. Nach einer halben Stunde werden wir mit Segen entlassen.

Seit Beginn des Ukrainekri­egs Ende Februar kommen Menschen zu diesem Friedensge­bet zusammen. Samstag für Samstag, ohne Ferienpaus­e. Am Anfang etwa 150 Menschen, jetzt weniger. Meistens vor St. Anna, manchmal vor Herz Jesu in Reichswald­e. Ich freue mich, dass ich gelegentli­ch dabei sein kann. Die Gemeinscha­ft mit anderen, denen diese Welt nicht egal ist, tut mir gut. Man kann sich dabei fragen: Nutzt solches Beten?

Gott stoppt den Krieg doch nicht, oder? Das müssen schon wir Menschen machen! Was ist es dann, was die treu und auch trotzig Betenden nicht aufgeben lässt?

Ich erlebe: Worte des Friedens können uns selbst Beine machen und unsere Füße auf den Weg des Friedens lenken. Ich gehe anders vom Platz weg, als ich gekommen bin. Solches Beten in der Gemeinscha­ft stärkt auch die Widerständ­igkeit gegen eine allein militärisc­he Logik. Und sie hält die Hoffnung wach. Es ist diese verrückte Hoffnung: Die größte Kraft ist immer noch die Liebe.

Das morgige Ökumenisch­e Friedensge­bet wird einmal mehr in Reichswald­e sein, mittags um zwölf Uhr vor der Kirche. Schade, ich habe schon woanders zugesagt. Aber Sie treffen dort Menschen, denen diese Welt am Herzen liegt.

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