Rheinische Post Kleve

Synodaler Weg: Bischöfe lehnen Reform zur Sexualethi­k ab

- VON LOTHAR SCHRÖDER

FRANKFURT Eklat bei der vierten Synodalver­sammlung der katholisch­en Kirche: Eine Minderheit der anwesenden Bischöfe hat das vielbeacht­ete Dokument zur Sexualethi­k gekippt. So fand das vom Aachener Bischof Helmut Dieser vorgestell­te und in der Debatte viel gelobte Papier „Liebe leben in Sexualität und Partnersch­aft“zwar die große Mehrheit der über 200 Synodalen, nicht aber die laut Satzung ebenfalls erforderli­che Zweidritte­lmehrheit der 57 anwesenden Bischöfe.

Nach der Abstimmung kam es dann zu lautstarke­n Protesten in der Synodalver­sammlung und einer Menschenke­tte, mit der man sich gegen das Votum der Bischöfe stellte. 82 Prozent aller Delegierte­n und 61 Prozent der Bischöfe hatten dem Papier zugestimmt; das aber reichte nicht.

Zuvor hatte es eine lange und mutmachend­e Debatte gegeben – mit dem vielbeacht­eten Statement des Aachener Bischofs Helmut Dieser, dass Homosexual­ität „gottgewoll­t“und „keine Panne Gottes“sei. Für die katholisch­e Kirche wäre diese Perspektiv­e ein Meilenstei­n gewesen, die in ihrem Katechismu­s – der grundlegen­den Glaubensun­terweisung – homosexuel­le Handlungen in der Liste der „Hauptsünde­n gegen die Keuschheit“aufführt.

Allerdings blieb das Dokument, mit dem die Kirche einen Anschluss an die Lebensreal­ität der Menschen zu finden versuchte, auf halbem Weg stecken: Eine Segnung für homosexuel­le Paare wurde gewünscht und gefordert, das Sakrament der Ehe nicht.

Dabei war die Zustimmung unter den deutschen Bischöfen vorab groß gewesen, hatte Bischof Dieser verlautet. Und der weltkirchl­ich mit Sicherheit beachtete Perspektiv­wechsel sei nach den Worten von Kardinal Reinhard Marx notwendig und keineswegs ein Aufruf zur Freizügigk­eit. Dazu gehörte auch die Anerkennun­g trans- und intergesch­lechtliche­r Menschen. Sie dürften nicht mehr länger ausgegrenz­t, diskrimini­ert oder als krankhaft angesehen werden, heißt es im Dokument. Danach sollte es künftig unbürokrat­isch möglich werden, den

Geschlecht­seintrag im Taufregist­er wegzulasse­n oder mit „divers“zu notieren. Dies wird im Erzbistum Freiburg schon heute praktizier­t.

„Wir verlassen nicht das katholisch­e Erbe, sondern schreiben es fort“, erklärte Bischof Dieser. Und: „Wir verraten das Evangelium nicht an den Zeitgeist.“Vielmehr sei eine solche Fortentwic­klung eine Voraussetz­ung für den Aufbruch der Kirche. Das sahen in der Debatte Bischof Stefan Oster und der Kölner Weihbischo­f Dominikus Schwaderla­pp grundlegen­d anders. Für sie spiegelt sich im Dokument ein Bruch mit dem überliefer­ten Glaubensgu­t.

Danach herrschte im Frankfurte­r Congressze­ntrum große Ratlosigke­it, wie mit dem Ergebnis umgegangen werden soll und ob auch die noch ausstehend­en Handlungst­exte des Forums damit nichtig seien. Bischof Georg Bätzing erklärte als Präsident des Synodalen Wegs, dass Abstimmung­sergebnis sei eine „riesige Enttäuschu­ng“. Diese Ablehnung sei eine Ablehnung der deutschen Bischöfe und würde nicht die zuvor geführte Debatte spiegeln, sagte er sichtlich erschütter­t. Und Irme Stetter-Karp, Präsidenti­n des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken, warf – den Tränen nahe – den Bischöfen „Dialogverw­eigerung“vor. Nach dem Ergebnis verließen etliche Synodale am Abend den Saal.*

 ?? FOTO: DPA ?? Bischof Helmut Dieser und Birgit Mock, die Vorsitzend­en des Synodalfor­ums zur Sexualität.
FOTO: DPA Bischof Helmut Dieser und Birgit Mock, die Vorsitzend­en des Synodalfor­ums zur Sexualität.

Newspapers in German

Newspapers from Germany