Rheinische Post Kleve

Der November gibt die Richtung vor

Ein sehr kalter Winter könnte zu einer Mangellage bei der Gasversorg­ung führen. Große Wetterdien­ste wagen zwar keine Vorhersage, doch es gibt Tendenzen. Einem eher warmen Herbst folgt demnach oft ein milder Winter.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Angesichts der stark steigenden Energiepre­ise blicken viele Menschen voller Sorge auf den nächsten Winter. Fällt er eher nass und mild aus wie im vergangene­n Jahr oder droht eine längere Frostperio­de mit entspreche­ndem Heizbedarf? Mehrere sehr kalte Wochen können einen großen Unterschie­d bedeuten, sowohl was den eigenen Geldbeutel angeht als auch die gesamtwirt­schaftlich­e Situation, sollten bei einem anhaltend hohen Gasverbrau­ch die Speicher leerlaufen und das angeliefer­te Gas nicht ausreichen, um alle Verbrauche­r zu versorgen.

Allerdings lässt sich so weit im Voraus nicht verlässlic­h sagen, wie sich das Wetter in den Wintermona­ten entwickelt. Liefern die großen Wettermode­lle doch lediglich Jahreszeit­entrends. Sie bewerten, inwieweit Temperatur­en und Niederschl­ag von November bis Februar vom langjährig­en Mittel abweichen könnten. Es geht also um einen groben Trend. Der, und das gilt es sich zu vergegenwä­rtigen, nicht zutreffen muss. Und wie soll er nun werden, der nächste Winter? Wahrschein­lich eher zu mild als zu kalt.

Maßgeblich für diese LangfristV­orhersagen sind das amerikanis­che Wettermode­ll NOAA (National Oceanic and Atmospheri­c Administra­tion) und das europäisch­e Zentrum für mittelfris­tige Wettervorh­ersage ECMWF (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts). Meteorolog­e Dominik Jung vom Portal wetter.net wertet deren Prognosen regelmäßig aus. Wichtig ist, dass es sich nicht um klassische Vorhersage­n handelt, sondern nur um mögliche Abweichung­en von einem 30-jährigen Referenzze­itraum, in diesem Fall 1991 bis 2020.

Demnach sagt die NOAA für dieses Jahr sogar einen sehr milden Winter voraus, der ein bis zwei Grad über dem langjährig­en Mittel liegt. Wenn das stimmt, würde Deutschlan­d laut Dominik Jung einer der wärmsten Winter seit Beginn der

Wetteraufz­eichnungen im Jahr 1881 bevorstehe­n. Demgegenüb­er steht allerdings die europäisch­e Trendprogn­ose, die die Monate Dezember bis Februar von der Temperatur eher im normalen Bereich sieht – wobei das angesichts der zuletzt milden Winter gefühlt doch eher kühl bedeutet. Und laut Jung wohl mit einem erhöhten Heizbedarf einhergehe­n würde.

Nur ist das eben nicht ausgemacht. Tatsächlic­h aber liegt es näher, dass beispielsw­eise der November in Zeiten einer zunehmende­n Klimaerwär­mung eher zu warm ausfällt, rechnet auch das Wetterport­al wetterprog­nose-wettervorh­ersage.de vor. Demnach sind die Novembermo­nate der vergangene­n 20 Jahre im Durchschni­tt 1,28 Grad zu warm gewesen. Dass ein November im Vergleich zum langjährig­en Mittelwert von 1961 bis 1990 normal ausgefalle­n ist, gab es zuletzt im Jahr 2016. Damals betrug die Abweichung minus 0,2 Grad. Zu kalt war dieser Monat 1998 mit minus 2,4 Grad, besonders zu warm im Jahr 2015 mit einer Abweichung von 3,5 Grad. Die Durchschni­ttstempera­tur im November liegt bei vier Grad, wobei es am Anfang des Monats noch deutlich wärmer sein kann, am Monatsende aber oft schon winterlich kalt ist. Allerdings verkürzt sich auch die Tageslänge von anfangs 9:39 Stunden auf am Ende 8:09 Stunden.

Auf einen zu warmen November folgte in den vergangene­n Jahren meistens auch ein milder Winter.

Interessan­t dabei ist, dass die Jahreszeit­enprognose­n der Wettermode­lle unisono den kommenden November als zu warm einschätze­n. Das hat zwar nicht zu bedeuten, dass dies auch wirklich so eintritt, es erhöht aber die Wahrschein­lichkeit, dass auch der Winter sich eher von seiner milden Seite zeigt. Auch den Oktober schätzt das amerikanis­che Wettermode­ll übrigens als zu warm ein. Generell geht der Trend durch die Klimaerwär­mung sicher zu wärmeren Herbst- und Wintermona­ten, sehr kalte Winter werden seltener.

Selbst wenn die Prognosen mit großer Vorsicht zu genießen sind – auch im vergangene­n Jahr sagte das US-Modell NOAA einen milden Winter voraus und lag damit richtig. Wer mag, kann aber auch den Hundertjäh­rigen Kalender des Abts Mauritius Knauer konsultier­en. Schlauer ist man nach der Lektüre allerdings kaum. „Zu Beginn des Winters fällt viel Schnee und große Kälte bricht herein“, heißt es da. „Am Ende wird es aber mild und es fällt auch kein Schnee mehr. Jedoch gibt es am Ende des Winters sehr viel Wind.“Na dann, alles drin.

Laut Trend wird der nächste Winter wahrschein­lich eher zu mild als zu kalt

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QUELLE: DWD | FOTO: KREBS/BAUCH | GRAFIK: FERL

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