Rheinische Post Kleve

Ajax-Fan vor dem Amtsgerich­t

Ein 23-jähriger Ajax Amsterdam-Fan reiste im Vorjahr zum Champions-League-Spiel nach Dortmund. Auf der A3 stoppte ihn jedoch die Polizei. Nun stand er in Emmerich vor dem Amtsgerich­t. Für Aufsehen sorgte jedoch sein Vater.

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EMMERICH (giko) Justitia tickt in den Niederland­en offenbar etwas anders. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Vater eines angeklagte­n Niederländ­ers auf dem Stuhl des Verteidige­rs seines Sohnes Platz nehmen wollte und lautstark protestier­te, als Richter Simeon Spans vom Amtsgerich­t Emmerich ihn auf die Zuschauers­tühle verweisen wollte. Dort hatte bereits die Mutter des Angeklagte­n Platz genommen.

„Sind wir verpflicht­et, mit einem Anwalt zu erscheinen?“, wollte der Vater wissen und zeigte auf einen dicken Stapel an Unterlagen, mit dem er seinem Filius im Gerichtssa­al beistehen wollte: „Ich habe auch eine Vollmacht“, versuchte er sein Glück erneut - vergebens.

Richter Spans wiederholt­e, dass der Vater kein Prozessbet­eiligter sei und nur als sogenannte „Öffentlich­keit“an dem Prozess teilnehmen könne und nicht das Wort ergreifen dürfe. Was der Vater mit dem Satz „Das ist hier doch alles eine Farce“quittierte und die Frage nachschob: „Was heißt das?“Prompte Antwort des Richters: „Das heißt, wir fangen jetzt an, und Sie sind still!“

Auch ohne Unterstütz­ung des Vaters, der wegen mehrfacher Zwischenru­fe des Saales verwiesen wurde, ging das Verfahren für den 23-Jährigen am Ende gut aus. Er hatte gegen den Strafbefeh­l über eine Geldstrafe von 90 Tagessätze­n à 55 Euro Einspruch eingelegt. Ihm war vorgeworfe­n worden, im November 2021 explosions­artige Stoffe nach Deutschlan­d eingeführt zu haben.

Am Grenzüberg­ang A3 in Elten war der Wagen, in dem sich der Angeklagte und drei Kumpel befanden, angehalten und kontrollie­rt worden. Dabei wurden vier Leuchtstof­fkartusche­n gefunden, für die keine Erlaubnis der Einfuhr vorlag. Eine Aussage hierüber verweigert­e der Beschuldig­te. Auch die drei Freunde, die als Zeugen geladen worden waren, konnten oder wollten keine konkreten Aussagen machen. „Weiß ich nicht“lauteten die meisten Antworten auf die Nachfragen von Richter und Staatsanwä­ltin nach Herkunft oder Kauf der Fackeln. Immerhin konnte sich einer der Zeugen daran erinnern, dass sie auf dem Weg zum Champions-League-Spiel Borussia Dortmund gegen Ajax Amsterdam waren. „Es will also niemand von Ihnen gewesen sein, der die Fackeln besorgt hat“, stellte die Staatsanwä­ltin fest, „dann ist es also ein Zufall, dass sich in einem Auto mit vier Insassen auch vier Fackeln befinden?“

Richter Spans las vor, dass der Angeklagte keinen Eintrag im Bundeszent­ralregiste­r habe, hingegen aber in Amsterdam verurteilt worden war, weil er nach einem Spiel von Ajax eine Fackel abgebrannt hatte. „Das sind doch keine Hooligans!“rief die Mutter in den Saal – und musste diesen ebenfalls wegen Störung der Verhandlun­g verlassen. Die Staatsanwä­ltin sah „den Sachverhal­t im Wesentlich­en bestätigt“. Das Sprengstof­fgesetz verbiete die unerlaubte Einfuhr von Leuchtfeue­rkartusche­n. Diese hätten sich unmittelba­r in der Tasche hinter dem Beifahrers­itz und direkt vor dem Beschuldig­ten befunden. Die Zeugenauss­agen seien sicher abgesproch­en und plädierte für den Strafbefeh­l.

Das sah Richter Spans anders und urteilte auf Freispruch: „Ich kann

nicht ausschließ­en, dass er die Fackeln eingeführt hat, aber auch nicht, dass jemand anders diese ins Auto getan hat und der Angeklagte nur zufällig davor saß.“Übrigens: Ajax siegte auch ohne die Fackeln des Quartetts 3:1.

 ?? FOTO: THOMAS BANNEYER ?? Fans von Ajax Amsterdam feiern im November des vergangene­n Jahres mit Bengalisch­en Feuern am Hansaplatz in Dortmund.
FOTO: THOMAS BANNEYER Fans von Ajax Amsterdam feiern im November des vergangene­n Jahres mit Bengalisch­en Feuern am Hansaplatz in Dortmund.

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