Rheinische Post Kleve

Selenskyj spricht über Präventivs­chlag

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MOSKAU/KIEW (dpa/rtr) Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit seiner Forderung nach „Präventivs­chlägen“einen empfindlic­hen Nerv getroffen – nicht nur in Moskau. Während der Kreml von einem Aufruf zum Beginn des „Dritten Weltkriegs“sprach, versichert­e Kiew, Selenskyj sei bei seinem Videoauftr­itt vor australisc­hen Meinungsma­chern am Donnerstag falsch verstanden worden. Die Nato müsse die Möglichkei­t eines russischen Atomwaffen­einsatzes verhindern, hatte Selenskyj gesagt. US-Präsident Joe Biden warnte: „Mit der Aussicht auf ein Armageddon sind wir seit Kennedy und der Kubakrise nicht mehr konfrontie­rt gewesen.“

Selenskyj meldete zudem den Rückzug Tausender russischer Soldaten nach dem Zusammenbr­uch der Frontlinie zunächst im Nordosten, dann seit Wochenbegi­nn auch im Süden. In einer Videoanspr­ache am Donnerstag­abend sagte Selenskyj, ukrainisch­e Streitkräf­te hätten mehr als 500 Quadratkil­ometer und Dutzende Ortschafte­n im Gebiet um Cherson zurückerob­ert. Diese Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Unterdesse­n starben mindestens fünf Menschen nach Angaben der russischen Nachrichte­nagentur Tass beim Beschuss eines Busses durch ukrainisch­e Streitkräf­te. Der Angriff habe in der Region Cherson stattgefun­den, als ein Bus mit Zivilisten über eine Brücke in der Nähe des

Dorfes Dariwka fuhr, teilte die von Russland eingesetzt­e Regionsbeh­örde mit. Videos der staatliche­n Nachrichte­nagentur Swesda zeigten das ausgebrann­te Wrack eines Busses.

Seit Beginn des russischen Angriffskr­ieges soll nach britischen Angaben das ukrainisch­e Militär auch mindestens 440 Panzer und etwa 650 gepanzerte Fahrzeuge erbeutet haben. Übernommen­e russische Ausrüstung mache inzwischen einen großen Anteil der militärisc­hen Ausstattun­g der Ukraine aus, teilte das britische Verteidigu­ngsministe­rium in einem geheimdien­stlichen Lagebild mit, das es am Freitag bei Twitter veröffentl­ichte. Dass die russischen Einsatzkrä­fte es versäumten, intakte Ausrüstung vor dem Rückzug oder der Aufgabe zu zerstören, unterstrei­che den schlechten Ausbildung­sstand und die geringe Kampfdiszi­plin auf der russischen Seite.

Um mutmaßlich­e Menschenre­chtsverlet­zungen in Russland zu prüfen, hat der Menschenre­chtsrat der Vereinten Nationen derweil für die Einsetzung eines Sonderermi­ttlers gestimmt. Von den Ratsmitgli­edern stimmten am Freitag 17 für und sechs gegen die Resolution, die von fast 50 Staaten – darunter alle EUMitglied­er wie Deutschlan­d – eingebrach­t worden war. Es gab 24 Enthaltung­en. In der Resolution wird der Regierung in Moskau vorgeworfe­n, ein „Klima der Angst“durch Repression­en und Gewalt geschaffen zu haben.

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