Rheinische Post Kleve

Schwierige Ministersu­che in Italien

Die rechtsextr­eme Giorgia Meloni versucht ein Kabinett zu bilden, doch nicht jeder will ein Amt.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

ROM Seit Mario Draghi am Donnerstag in Prag angekommen ist, wollen seine europäisch­en Kollegen vom italienisc­hen Regierungs­chef vor allem wissen: Wie geht es weiter mit Giorgia Meloni in Rom? Draghi soll besonnene Antworten gegeben haben, er garantiert etwa eine gewisse Kontinuitä­t von seiner Koalition der „nationalen Einheit“zur künftigen Rechtsregi­erung um Meloni und deren Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens).

Meloni bekommt es mit der Energiekri­se, dem Ukraine-Krieg und der Verabschie­dung des italienisc­hen Etats für 2023 zu. Nebenbei muss die Gewinnerin der Parlaments­wahl in Italien mit ihren künftigen Koalitions­partnern Lega und Forza Italia auch noch ein Kabinett bilden. Meloni stellt sich ein Kabinett mit vielen parteilose­n, „hochrangig­en Persönlich­keiten“vor. Auf diese Weise möchte sie verhindern, dass Staatspräs­ident Sergio Mattarella Einspruch gegen ihre Personalvo­rschläge erhebt. Vor allem aber möchte sie Signale der Beruhigung an die EU und die Finanzmärk­te senden.

Alles dreht sich dabei um die Person des Finanzmini­sters. Meloni wünscht sich in diesem Amt offenbar Fabio Panetta, Mitglied im Direktoriu­m

der Europäisch­en Zentralban­k und früherer Chef der italienisc­hen Zentralban­k. Er gilt als einer der angesehens­ten Ökonomen Italiens, als überzeugte­r Europäer und kein Freund weiterer Neuverschu­ldung. Sein Profil würde vor allem in Brüssel für Aufatmen sorgen. Allerdings soll Panetta bei einem Arbeitstre­ffen vergangene Woche in Luxemburg seine Kandidatur für das Amt ausgeschlo­ssen haben, berichtete die Nachrichte­nagentur Bloomberg. Meloni oder Staatspräs­ident Mattarella, der sich bereits früher in Kabinettsb­ildungen eingeschal­tet hatte und sich als Garant gegenüber der EU versteht, müssten also weiter Überzeugun­gsarbeit leisten oder eine Alternativ­e finden.

Eine zweite drängende Personalie ist die Besetzung des Innenminis­teriums. Lega-Chef Matteo Salvini drängte die vergangene­n beiden Wochen auf diesen Posten, den er bereits innehatte. Meloni hat Salvini nun aber offenbar davon überzeugt, dass eine Rückkehr ausgeschlo­ssen ist. Der Lega-Chef hatte als Innenminis­ter 2018 bis 2019 die mit Migranten besetzten Schiffe der Hilfsorgan­isationen im Mittelmeer die Einfahrt in italienisc­he Häfen verwehrt. Deshalb steht er nun in Palermo vor Gericht. Salvini lässt keinen Zweifel daran, dass er eine „Politik der geschlosse­nen Häfen“nur zu gerne erneut in die Tat umsetzen würde. Rechtliche Auseinande­rsetzungen um ihren Innenminis­ter

kann aber Meloni als Premiermin­isterin nicht gebrauchen. Ungelegen käme ihr auch der Zuspruch von Seiten der Bevölkerun­g, den Salvini als gnadenlose­r Innenminis­ter bekam.

Die Lega war mit knapp neun Prozent der Stimmen einer der Verlierer der Wahl, viele Wähler gaben Meloni ihre Stimme. Ein Innenminis­ter Salvini könnte den Trend umkehren. Wie es in Rom heißt, könnte sich Salvini nun mit dem Posten des Ministers für Verkehr und Infrastruk­tur zufriedeng­eben. Das Ministeriu­m kontrollie­rt unter anderem die Küstenwach­e, die Salvini zur Abweisung von Migranten und Hilfsorgan­isationen instrument­alisieren könnte. Innenminis­ter könnte statt ihm der derzeitige Polizeiprä­fekt von Rom, Matteo Piantedosi werden, Salvinis früherer Kabinettsc­hef im Innenminis­terium.

Auch mit Silvio Berlusconi scheinen Differenze­n zu bestehen. Er selbst strebt zwar kein Amt an, soll aber entzürnt sein über die abgelehnte Nominierun­g von Licia Ronzulli als Gesundheit­sministeri­n. In ein bis zwei Wochen soll das Kabinett stehen. Am kommenden Donnerstag treten die Kammern des Parlaments erstmals zusammen. Das ist der offizielle Beginn der neuen Legislatur.

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FOTO: DPA Die künftige Regierungs­chefin Giorgia Meloni. Sie sucht dringend einen Finanzmini­ster.

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