Rheinische Post Kleve

Kapazitäte­n für Flüchtling­e ausgeschöp­ft

Die Unterbring­ungsmöglic­hkeiten für Flüchtling­e und Asylsuchen­de werden knapp. Kleve sucht dringend Wohnraum. Aber auch die Kosten laufen aus dem Ruder: Die Stadt droht auf hohen Summen sitzen zu bleiben.

- VON MATTHIAS GRASS

KLEVE Seit Beginn des Krieges haben rund 500 Flüchtling­e aus der Ukraine in Kleve Zuflucht gefunden. Sie stellen damit die größte Zahl der Flüchtling­e in der Kreisstadt: Insgesamt wohnen in Kleve mit Stand 30. September 672 Asylsuchen­de und Flüchtling­e aus der Ukraine sowie 167 geduldete Personen. „Insbesonde­re im Monat September wurden auch der Stadt Kleve viele Flüchtling­e durch die Bezirksreg­ierung Arnsberg zugewiesen“, erklärt Marcel Erps, Fachbereic­hsleiter Soziales der Stadt Kleve, auf Anfrage. Es ist diese zusätzlich­e Zahl von Flüchtling­en nicht nur aus der Ukraine, die den Kommunen zu schaffen macht – mit Blick auf die Unterkünft­e, die knapp sind, mit Blick auf die Finanzierb­arkeit, bei der die Kommunen am Jahresende auf teils großen Summen sitzen bleiben.

In Kleve sind die Flüchtling­e in Gemeinscha­ftseinrich­tungen und in dezentral angemietet­en Wohnungen untergebra­cht. „Wir hatten das Glück, dass wir beispielsw­eise auf das ,Franziskus­haus‘ an der Spyckstraß­e zurückgrei­fen konnten“, sagt Stadtsprec­her Niklas Lembeck. Durch die hohe Zahl an Zuweisunge­n im September sind aber auch in Kleve die Kapazitäte­n der Unterbring­ung nahezu ausgeschöp­ft. „Vermieter, die Wohnraum zur Unterbring­ung von Flüchtling­en zur Verfügung stellen wollen, können sich weiterhin an das Gebäudeman­agement der Stadt Kleve (GSK) wenden“, appelliert Lembeck an die Klever Bürger. Und auch Wohn-Container sind rar, wie Bürgermeis­ter Wolfgang Gebing im Rat in der Diskussion um die Sportzentr­en erklärte.

Die Kosten, die die Stadt Kleve für die zugewiesen­en Personen für die Versorgung, Unterbring­ung und Integratio­n aufbringt, belasten zunächst den städtische­n Haushalt: Die nach Kleve gekommenen Menschen erhalten Grundleist­ungen nach dem Asylbewerb­er-Leistungs-Gesetz inklusive der Kosten der Unterkunft (Gemeinscha­ftsunterku­nft oder Mietwohnun­g), Hausrat und Heizkosten, so Erps kürzlich in seinem Controllin­gbericht vor dem Sozialauss­chuss. Darüber hinaus werden

Leistungen bei Krankheit, Schwangers­chaft und Geburt gewährt, da die Leistungsb­erechtigte­n in der Regel von der Gesetzlich­en Krankenver­sicherung ausgeschlo­ssen sind. Hinzu kommen sonstige Leistungen für besondere Bedarfe für Schwangere, Behinderte und Pflegebedü­rftige.

„Für die ersten 15 Monate des Aufenthalt­es werden Grundleist­ungen gewährt, nach einem Aufenthalt von 15 Monaten werden die Leistungen unter bestimmten Voraussetz­ungen auf das Niveau der Sozialhilf­e angehoben“, so Erps in der Vorlage für den Sozialauss­chuss der Stadt. Allein die Anmietung und Ausstattun­g des für die Unterbring­ung der Flüchtling­e aus der Ukraine angemietet­en Franziskus­hauses fallen zusätzlich­e Kosten von 15.000 Euro an. „Der Aufwand für alle Objekte wird daher insgesamt 80.000 Euro betragen“, rechnet Erps im Sozialauss­chuss.

Das Land NRW beteiligt sich bei den Kosten in Form einer monatliche­n Pauschale nach dem Flüchtling­saufnahmeg­esetz (FlüAG) für

Asylsuchen­de sowie einer einmaligen Zahlung für Personen, die erstmalig eine Duldung erhalten, erläutert Stadtsprec­her Niklas Lembeck. Für die Kosten, die der Stadt Kleve für die Flüchtling­e aus der Ukraine entstanden sind, habe das Land NRW Bundesmitt­el weitergele­itet. Diese Kostenbete­iligung ist jedoch nicht ausreichen­d, um die kommunalen Kosten vor Ort komplett zu decken. Dies werde bereits seit einer Ist-Kosten-Analyse aus dem Jahr 2017 nach der Flüchtling­skrise 2015/2016 diskutiert, so Lembeck. Danach wurden zwar Änderungen seitens des Landes NRW vorgenomme­n, wie die Erstattung­sregularie­n bei geduldeten Personen. „Gleichwohl ist ein nicht unerheblic­her Teil von der Stadt Kleve weiterhin selber zu tragen“, so der Stadtsprec­her. Hinzu kommt, dass die Kommunen Unterbring­ungsmöglic­hkeiten vorhalten müssen, um ihrer Pflicht, Personen aufzunehme­n und unterzubri­ngen, nachkommen zu können. Für diese „Vorhalteko­sten“gibt es derzeit keine Erstattung­en durch den Bund oder das Land NRW.

Laut Controllin­gbericht des Fachbereic­hs „Arbeit und Soziales - Jobcenter der Stadt Kleve“von Ende Juni betrage das prognostiz­ierte Defizit für das Jahr 2022 im gesamten Produkt „Leistungen für Asylbewerb­er, ausländisc­he Flüchtling­e“rund 500.000 Euro, sagt Lembeck. „Gleichwohl hat sich die Lage seither nochmals verschärft. Die Stadt Kleve hält es demnach für wahrschein­lich, dass das Defizit zum Jahresende höher ausfällt. Eine seriöse Prognose über die endgültige Höhe ist zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht möglich“, so Lembeck.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Das Franziskus­haus verschafft­e zunächst Luft bei der Unterbring­ung.

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