Geld reicht im Kreis Kleve immer häufiger nicht für die Familie
Elf Prozent der Arbeitnehmer müssen ihr Gehalt aus einem sozialversicherungspflichtigen Beruf noch aufstocken. Wer besonders betroffen ist.
KREIS KLEVE (RP) Arm trotz Arbeit: Dem aktuellem Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW zufolge sind mehr als 25,9 Prozent der SGB II- Leistungsempfänger im Kreis Kleve sogenannte Aufstocker. Der größte Teil dieser Aufstocker sind Leistungsempfänger, die trotz Erwerbstätigkeit auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Ein geringerer Teil erhält Sozialleistungen wie Kranken- oder Arbeitslosengeld.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Kleve, Andreas Fateh: „Es ist empörend, dass so viele Menschen aufstockende Leistungen beim Jobcenter beantragen müssen.” Lag der Anteil derer, die zusätzlich zu ihrem sozialversicherungspflichtigen Lohnentgelt noch Hartz IV beantragen müssen, 2010 noch bei etwa 8,4 Prozent im Kreis Kleve, so waren es 2021 knapp 11 Prozent. Dazu passe, dass das mittlere Einkommen in NRW im Vergleich zum Bund weniger stark steigt. „Das ist im Kreis Kleve insbesondere Ausdruck der Ausweitung von billigen Dienstleistungsjobs. „Wir brauchen dringend eine Aufwertung von Arbeitsplätzen vor allem im häufig schlecht bezahlten Dienstleistungsbereich“, sagt Andreas Fateh.
Der wachsende Niedriglohnsektor sorge dabei dafür, dass bei immer mehr Menschen das Einkommen nicht zur Versorgung der Familie ausreicht. „Schon jetzt verdienen im Kreis Kleve 13,7 Prozent der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten lediglich 2000 Euro brutto pro Monat und weniger. Und unter denen verdienen Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besonders schlecht.“Der Frauenanteil im Niedriglohnsektor ist mit 21,9 Prozent doppelt so hoch wie der der Männer (10 Prozent). Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stehen mit 32,6 Prozent im Vergleich sogar dreifach schlechter da als Deutsche (10,2 Prozent). Und das nicht nur im Niedriglohnsegment.
Zu erklären sei das nur in Teilen mit fehlenden Qualifikationen bei Zugewanderten, so Andreas Fateh.
Er beklagt strukturelle Diskriminierungen bei der Entlohnung, indem Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit für die gleichen Jobs offensichtlich schlechter bezahlt werden. „Hier muss der Gesetzgeber stärker aktiv werden, um gerechte und angemessene Bezahlung aller Menschen zu gewährleisten. Zudem braucht es mehr Kinderbetreuungsangebote, damit sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen.“
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik
der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden.
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben sich in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Kleve zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel der Arbeit ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit und die Sicherung bestehender Angebote im Kreis Kleve.