Literatur aus den Niederlanden in Kleve
Es heißt wieder „Niederländischer Literaturherbst“unter der Moderation von Ludger Kazmierczak im Klever Kurhaus: Vier niederländische Schriftsteller werden aus ihren neuesten Werken lesen. Ein Überblick.
KLEVE Vor zehn Jahren las sie das erste Mal im Kurhaus: Jessica Durlacher war 2012 im Klever Museum, als sich der von Ludger Kazmierczak moderierte Niederländische Literaturherbst des WDR längst etabliert hatte. Als der große Cees Nooteboom schon in Kleve gewesen war und viele andere niederländische Autoren, bekannte und solche, die bis dato noch nicht so bekannt waren – und deren Bücher doch so lesenswert sind. Der Niederländische Literaturherbst gehörte zu den erfolgreichsten Veranstaltungen im Kurhaus, zog schon im ersten Jahr 1000 Besucher in die Wandelhalle und begeisterte mit seinen Lesungen und dem, was die Autoren so preisgaben im Gespräch mit Kazmierczak, der von Kleve aus als Kenner der Niederlande für den WDR arbeitet.
Jetzt heißt es wieder „Niederländischer Literaturherbst im Museum Kurhaus Kleve“– und das in der sechsten Auflage. Jeden Donnerstag, vom 20. Oktober bis 10. November um 19.30 Uhr, wird ein anderer Autor aus dem Nachbarland lesen und dem Moderator und den Besuchern Rede und Antwort stehen. „Immer wieder und zwischendurch wurden wir gefragt: ,Wird es denn bald mal wieder die Niederländer im Museum geben?’“, sagt Sigrun Hintzen von der gleichnamigen Buchhandlung, die den Literaturherbst begleitet. Viele fürchteten, dass nach der fünfte Lese-Staffel 2018 pandemiebedingt ein Ende gesetzt worden sei. Um so schöner, freut sich Hintzen, dass jetzt der Kolumnist Bert Wagendorp und auch Marcel Möring Gäste von Ludger Kazmierczak sind, dass Jessica Durchlacher nach zehn Jahren wieder zurückkehrt. „Auch Ernest van der Kwast ist mit seiner humorigen Art längst kein Unbekannter mehr in Kleve“, so Sigrun Hintzen.
Alle vier Autoren kommen mit
frisch erschienenen Büchern in die Stadt an der Grenze, werden auf Deutsch lesen und im Gespräch mehr von sich preisgeben als Auskünfte darüber, wie und warum sie über welche Themen schreiben. Ihre Romane und Erzählungen werfen ganz eigenen Blicke auf den Menschen im interkulturellen, historischen und religiösen Kontext, so Hintzen. „Sie verorten die Protagonisten in ihrem jeweiligen Beziehungsgeflecht und beschreiben das
Zwischenmenschliche wortgewandt und mit sensiblem Blick auf das, was uns gut tut oder eben nicht. Dieser grenzüberschreitende, zweisprachige Literaturherbst verspricht interessante Begegnungen mit Büchern und denen, die sie erdacht und geschrieben haben“, sagt sie.
Zum Auftakt kommt Bert Wagendorp am 20. Oktober mit dem Roman „Ferrara“und holt den Sommer in den Herbst: Die Jugendfreunde Bart, Joost, David und André treffen sich in einem pittoresken italienischen Städtchen, um dort ein Designhotel zu eröffnen. Doch die Realität des Lebens holt sie auch in Ferrara unerbittlich ein. Eine charmant erzählte Ode an die Freundschaft – heiter und berührend zugleich, wirbt das Museum für den Abend.
Marcel Möring verwebt in seinem Roman „Amen“drei große Themen zu einer virtuos erzählten Geschichte. Es geht um den Verlust der Liebe, die NS-Vergangenheit und die Zeit
des RAF-Terrorismus. Möring liest am 27. Oktober außerdem aus seinem druckfrischen Werk „Eden“.
Bestseller-Autorin Jessica Durlacher ist dann am 3. November wieder in Kleve. „Die Stimme“heißt ihr neuer Roman – spannend wie ein Krimi und doch eine Familiengeschichte, die mit einer Hochzeit in New York beginnt, als Bor, der lange Lebensgefährte der Ich-Erzählerin, endlich den Rabbi gefunden hat, der sie am 11. September in einem Hochhaus trauen soll. Doch aus dem Fenster sieht die Hochzeitsgesellschaft, wie gegenüber Flugzeuge in ein anderes Hochhaus krachen. Ein Konflikt, der die Patch-Work-Familie immer wieder einholen wird. „Es ist ein großer Roman über die Konflikte in unserer modernen Welt an einem Beispiel erzählt. Das Globale im Kleinen“, urteilt Kritikerin Annemarie Stoltenberg vom NDR.
Ebenfalls zum zweiten Mal ist Ernest van der Kwast zu Gast beim WDR-Literatur-Herbst. Am 10. November stellt er dem Klever Publikum Menschen aus seiner Heimatstadt Rotterdam vor. Da ist der Fensterputzer des höchsten Gebäudes der Niederlande, der Taxifahrer mit Tourettesyndrom, oder der Pianist, der zwischen gebrauchten Waschmaschinen und Staubsaugern seine Konzerte gibt.