Millingen hat nun eine Hausärztin
Nachdem Dr. Ryan im Juni plötzlich verstorben ist, hatte Millingen zunächst keinen festen Hausarzt mehr. Nun zieht Katja Wellering in die Praxis ein und eröffnet am 17. Oktober. Das hat die Allgemeinmedizinerin vor.
MILLINGEN (rey) Der plötzliche Tod von Dr. Uwe Ryan vor gut drei Monaten war für alle ein Schock. Plötzlich stand Millingen ohne Arzt da. Doch das dauerte glücklicherweise nur etwa zwölf Wochen an. „Am Montag, den 17. Oktober öffne ich meine Praxis hier“, freut sich schon Katja Wellering.
Wem sie und auch die Millinger das zu verdanken haben, daraus macht die Ärztin kein Geheimnis: „Ganz klar unserer medizinischen Fachangestellten Birgit Kobs-Brömmelhaus. „Sie hat das alles innerhalb weniger Tage in die Wege geleitet“, ist die Hausärztin immer noch begeistert vom tollen Engagement der Mitarbeiterin.
Erst seit Montag ist die Medizinerin selbst in den Räumen der Praxis an der Kirchstraße, organisiert unzählige Dinge, bevor eröffnet werden kann. Ihr zur Seite steht Ehemann Christian, der handwerklich alles stemmt. „Dr. Ryan hatte mit Computern nicht so viel zu tun. Jetzt müssen erst mal in allen Räumen Kabel fürs Internet verlegt werden“, sagt die Hausärztin, die ihrem Mann für seinen unermüdlichen Einsatz dankbar ist. „Ohne ihn wäre ich nicht hier“, stellt die 46-Jährige klar. Ihr Mann ist Umwelttechniker beim Kreis Coesfeld.
Auch ohne das Team wäre sie nicht hier, das sie von ihrem Vorgänger übernommen hat, sagt sie. „Das sind tolle Mitarbeiterinnen. Und das Klima ist erstklassig“, betont sie und gerät ins Schwärmen, wenn sie von ihren insgesamt sechs Kolleginnen spricht – inklusive einer Auszubildenden. Ohne die eingespielte Mannschaft hätte sie die Praxis, die Dr. Ryan 30 Jahre geführt hat, nicht übernommen. „Auf keinen Fall“, betont die gebürtige Diepholzerin, die in Göttingen studiert hat. Denn Arzthelferinnen würde man heute auch überhaupt nicht finden.
Dass die Allgemeinmedizinerin überhaupt in Millingen in Kürze für die gut 1500 bis 1800 früheren Patienten von Dr. Ryan da sein wird, ist sowieso ein Glücksfall. „Ich wollte mich eigentlich Anfang des Jahres
in Bocholt selbstständig machen“, sagt die Ärztin, die dort neun Jahre in einer großen Praxis angestellt war. Der Chef hätte sie dann doch überredet, bei ihm zu bleiben.
Von der Stelle in Millingen habe sie dann unmittelbar nach dem Tod von Dr. Ryan im Bocholter Ärzte-Netzwerk Bohris gelesen. „In der Mail stand wegen des Notstandes ein Hilferuf aus Millingen“, erinnert sich die Mutter von vier Kindern. Initiiert hatte das Ganze ihre jetzige Mitstreiterin Birgit Kops-Brömmelhaus. Sie habe auch in Windeseile dafür gesorgt, dass nur wenige Tage nach Dr. Ryans Tod ein älterer Mediziner, der schon über 70 Jahre ist, in Millingen praktiziert habe – zumindest stundenweise.
Nächste Woche kommen endlich
die Computer, „und die Deutsche Glasfaser hat spätestens dann für ein funktionierendes Internet gesorgt“, sagt die Ärztin und hofft. Denn im Moment sei man noch nicht einmal übers Festnetz erreichbar. Nach der Schulung an den neuen Programmen soll schließlich die Türe für die Patienten geöffnet werden. Mit Blick auf Kinder, die ihr Vorgänger auch behandelt habe, ist sie sehr skeptisch. „Das wird schwierig, ich habe da keine Ausbildung“, berichtet sie und macht damit kaum Hoffnung auch als Ärztin für Mädchen und Jungen da zu sein.
Und sie werde sicher keine Verletzungen behandeln, auch nicht nähen. „Ich bin kein ausgebildeter Chirurg, wie das Dr. Ryan auch war“, begründet sie ihre Entscheidung. Offen ist, ob sie überhaupt neue Patienten annehmen kann. „Ich habe auch meinen Patienten aus Bocholt, die zu mir nach Millingen wechseln wollen, eine Absage erteilt. Das ist nicht zu schaffen“, sagt sie – klipp und klar. Ihr Vater war übrigens Landarzt in Diepholz.
Termine mit Steuerberater, Versicherung, Bank, Krankenkasse, dazu ihre Vollzeitstelle noch bis zum 30. September, nebenbei Fortbildungen mit Blick auf ihre Selbstständigkeit: „Ich weiß gar nicht, wie wir, also auch das Team hier, das bisher alles gestemmt haben“, sagt sie und lächelt dabei. Die Medizinerin wirkt trotz der Mammut-Aufgabe irgendwie entspannt. „Sie ist für uns gerade unser Fels in der Brandung“, betont Mitarbeiterin Nadine Kremer und lobt damit die angenehm ruhige und freundliche Art ihrer Chefin anerkennend.
Sie alle dürften sich schon jetzt, noch vor der Eröffnung, auf die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr freuen. Dann soll die Praxis geschlossen bleiben und einmal richtig durchgeatmet werden, so wie früher bei Dr. Ryan auch.