„Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft“
Die Reeser Wirtschaftsförderung organisierte in ihrer Reihe „Unternehmensführungen“einen Besuch der Windkraftanlage in Speldrop. Bürgermeister Christoph Gerwers signalisierte, dass in Zukunft weitere Windkraftanlagen in vorstellbar sind.
REES Rauf durfte niemand, aber immerhin rein: Für die zweite Unternehmensführung, zu der die Reeser Wirtschaftsförderung eingeladen hatte, öffnete die Gladbecker Firma SL NaturEnergie die grüne Tür am Sockel der fast 200 Meter hohen Windkraftanlage in Speldrop.
Auf dem runden Fundament, das vor fünf Jahren mit 160 Lkw-Ladungen Beton gegossen wurde, informierten die Experten über die nachhaltigen Vorteile der Windenergie und über die Technik ihrer bislang zehn Anlagen auf Reeser Stadtgebiet. Nicht nur interessierte Bürgerinnen und Bürger nutzten diese Möglichkeit für einen seltenen Einblick, sondern auch mehrere Vertreter der Stadt und der Fraktionen sowie der Kreis Klever Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff (CDU).
Bürgermeister Christoph Gerwers erinnerte in seinen Grußworten daran, wie die Stadt Rees vor zehn Jahren die Weichen für mehr Windenergie stellte. „Das ist uns gelungen“, bilanzierte er und verwies auf die 70 Millionen Kilowattstunden, die SL NaturEnergie jährlich auf Reeser Boden produziert: „Rein rechnerisch werden damit nicht nur alle Reeser Haushalte klimaneutral mit sauberem Strom versorgt, sondern auch alle Haushalte in Emmerich.“Laut einer Studie des WDR hält Rees damit sogar die Spitzenposition in Nordrhein-Westfalen, was die Ausnutzung des Wind-Potenzials betrifft.
Der Bürgermeister signalisierte, dass aufgrund neuer Gesetzgebungen in Zukunft sogar weitere Windkraftanlagen in Rees und den Ortsteilen gebaut werden könnten.
Auch der Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff sah die Möglichkeiten der Energiewende noch lange nicht ausgeschöpft. Die jüngsten Krisen hätten gezeigt, wie wichtig die nationale Unabhängigkeit in der Energieversorgung sei. Zugleich böten die Windkraftanlagen, die „Gott sei Dank immer noch in Deutschland und Europa produziert werden“, großes Potential für den Export und somit für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Unternehmenssprecher Robert Daniels stellte die SL NaturEnergie als lokalen Partner statt als Global Player vor. Man beschränke sich bewusst auf Nordrhein-Westfalen, um die derzeit 170 Windkraftanlagen und deren Standorte stets im Blick zu haben und für die Städte jederzeit ansprechbar zu sein.“Die finanzielle Beteiligung von Anrainern und regionalen Investoren sowie die Zusammenarbeit mit lokalen Dienstleistern und die jährliche Ausschüttung
der SL NaturEnergie-Stiftung an Reeser Vereine und Institutionen seien ein weiterer Bestandteil der Firmenphilosophie.
Sebastian Gampe, Projektentwickler für Rees, lobte denn auch die gute Zusammenarbeit mit der Rheinstadt seit zehn Jahren. Nicht nur die Verwaltung habe in der Genehmigungsund Bauphase in jeder Hinsicht geholfen, auch von den Bürgern sei keine einzige Klage
gekommen, wie es sonst in vielen Kommunen der Fall sei. Sebastian Gampe erinnerte an das zeit- und kostenintensive Genehmigungsverfahren, das aufgrund aller erforderlichen Gutachten schnell über 100.000 Euro pro Windkraftanlage kostet, ohne eine Garantie zu haben, dass die Genehmigung tatsächlich erteilt wird. Hinzu kommen die hohen Baukosten: „2017 haben wir vier bis fünf Millionen Euro pro Windrad bezahlt, heute ist sicherlich eine Million Euro mehr.“
Patrick Florian von der technischen Betriebsführung informierte die Zuhörer, wie aus dem Wind, der die fast 60 Meter langen Flügel in Bewegung setzt, letztlich Strom für die Steckdose wird. Dabei kommt ein Transformator am Fuße jeder
Windkraftanlage ins Spiel, außerdem musste im Vorfeld eine Kabeltrasse von 16 Kilometern zum Umspannwerk in Millingen gebaut werden. Überrascht reagierten die Zuhörer auf die Information, dass Windkraftanlagen die Kilowattstunde für derzeit circa acht Cent produzieren können. Dass auf den Rechnungen der Haushalte viel höhere Beträge stehen, liegt daran, dass sich der Strompreis stets nach dem teuersten Anbieter richten. Und dies sind derzeit die Anbieter, die Strom aus Gas produzieren.
Projektentwickler Sebastian Gampe erläuterte außerdem die Maßnahmen, die zum Schutz von Greifvögeln und Fledermäusen getroffen werden, aber auch zum Schutz der Menschen, die in der Nähe einer Windkraftanlage wohnen. Besprochen wurde auch das Problem, dass die riesigen Flügel der Anlagen aus Verbundstoffen (Kunststoff, Fiberglas, Harz) bestehen, die kaum wiederverwertet, sondern nur zwecks Wärmegewinnung verbrannt werden können. Auch die noch unzureichend vorhandenen Möglichkeiten, um überschüssige Energie und Wärme zu speichern, wurden thematisiert. „Das sind große Herausforderungen, denen sich die Politik und die Wirtschaft stärker als je zuvor widmen müssen“, erklärte der Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff.