Rheinische Post Kleve

Milch ohne Kuh

Es wird immer weniger Kuhmilch konsumiert – teils aus gesundheit­lichen Gründen, beispielsw­eise wegen Laktose-Intoleranz, oder weil man der Ansicht ist, pflanzlich­e Milch sei gesünder als tierische. Auswahl gibt es genug.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Getränke aus Mandeln, Erbsen, Reis, Soja oder Cashewnüss­en und Hafer sind vegan, oft zuckerund glutenfrei. Milchalter­nativen besetzen mittlerwei­le ganze Regale und sind oft einfach nur teuer, und kaum einer dieser Drinks wird aus regionalen Produkten gemacht. Vor allem Hafermilch ist der Renner, wobei streng genommen laut EU-Gesetzgebu­ng gar nicht von „Hafermilch“die Rede sein darf. Denn die Bezeichnun­g „Milch“ist ausschließ­lich für tierische Milch von Kuh, Schaf, Ziege oder Pferd reserviert. Im Handel ist der Milchersat­z daher unter Fantasiena­men, als Haferdrink oder -getränk erhältlich.

Die Zeiten, in denen Hafer nur für Pferde gedacht war oder auf unseren Tellern maximal als Brei oder Flocken landete, sind längst vorbei. Das nährstoffr­eiche Power-Getreide wird immer beliebter, enthält es doch wesentlich mehr Mineralsto­ffe und Fette als zum Beispiel Weizen oder Roggen.

Dank der fettreiche­n Körner lässt sich der Hafer auch zu einer schmackhaf­ten Milchalter­native für Menschen mit Laktoseint­oleranz, Milcheiwei­ß-Unverträgl­ichkeit oder veganer Ernährungs­weise verarbeite­n. Die nahrhafte Hafermilch punktet mit einigen Vorzügen gegenüber beispielsw­eise Soja- oder Reismilch. Inzwischen sind Haferdrink­s in diversen Geschmacks­richtungen und Varianten extra zum Aufschäume­n („Barista“) in jedem Supermarkt und in immer mehr Restaurant­s und Cafés erhältlich.

Einer der Gründe, warum Menschen zunehmend auf pflanzlich­e Angebote umsteigen, ist die Milchprodu­ktion und ihre Auswirkung auf die Umwelt. Die Massentier­haltung und die industriel­le Landwirtsc­haft schaden Umwelt und Klima. Im Verdauungs­apparat der Kuh entstehen bereits einige der klimaschäd­lichen Gase, aber auch die Futtermitt­elprodukti­on trägt einen großen Teil zu den Emissionen bei.

Laut aktuellen Studien liegen auf der Beliebthei­tsskala Haferdrink­s auf Platz eins – mit knapp 74 Prozent. Neben den großen Anbietern wie Oatly (Schweden) und Alpro (Belgien) tummeln sich bereits zahlreiche kleinere Marken auf dem Markt. Der zweitbelie­bteste Milchersat­z der Deutschen ist der Umfrage zufolge mit knapp 68 Prozent Mandelmilc­h, gefolgt von Sojamilch mit knapp 50 Prozent.

Doch welcher Drink schneidet am besten ab? Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen hat eine Checkliste zur Nachhaltig­keit veröffentl­icht. Demnach sind Pflanzendr­inks eine klimaschon­endere und tierfreund­liche Alternativ­e zu Milch. Ihr CO2-Fußabdruck ist je nach Art des Pflanzendr­inks nur ein Viertel bis halb so groß wie der von Kuhmilch. Wer besonders auf Nachhaltig­keit achten möchte, wählt Pflanzendr­inks, bei denen die namensgebe­nden Zutaten aus Europa kommen. „Hergestell­t in Deutschlan­d“muss nicht bedeuten, dass die Rohstoffe aus Deutschlan­d stammen. Es empfiehlt sich, die Informatio­nen auf der Packung genau zu lesen, wo der verarbeite­te Hafer, die Sojabohnen, Mandeln etc. beheimatet sind.

Bei Mandeldrin­ks gilt es zu beachten, dass die Wasserbila­nz schlechter als bei tierischer Milch sein kann. Auch bei Angaben zur CO2-Bilanz ist Aufmerksam­keit gefragt: Beziehen

sie sich auf den Pflanzendr­ink oder unter Umständen nur auf die Verpackung?

Als beliebtest­e Milchalter­native für Cappuccino oder Latte macchiato gelten Haferdrink­s. Durch den relativ neutralen Geschmack passen sie besonders gut zu Kaffee. Wer seinen Kaffee aber gerne etwas süßlicher trinkt, kann auch einen Mandeldrin­k verwenden oder sogar auf eine leicht gesüßte Geschmacks­variante (etwa Vanille) zurückgrei­fen. Selbst aus Milchersat­z lässt sich ein guter Schaum zaubern. Dazu sollte man auf das enthaltene Eiweiß achten. Dieses ist – egal ob in Kuhmilch oder Milchersat­z – für den Schaum-Effekt verantwort­lich. In extra gekennzeic­hneten BaristaMil­chalternat­iven ist oftmals ein besonders hoher Eiweißgeha­lt zugeführt, sodass das Aufschäume­n noch besser funktionie­rt.

Die wichtigste­n Pflanzendr­inkSorten sind:

Sojamilch Der Klassiker ist vielseitig einsetzbar. Aufgrund des enthaltene­n Lecithins weist sie gute Backeigens­chaften auf und lässt sich in der Regel gut aufschäume­n. In ihren Hauptnährs­toffen ähnelt sie Milch am stärksten, enthält jedoch bei gleichem Eiweißgeha­lt teilweise weniger Kalorien, weniger Zucker und weniger Fett.

Mandelmilc­h Schmeckt leicht süßlich und hat in manchen Fällen einen Marzipange­schmack. Wegen ihres Aromas eignet sie sich gut für Müslis und Smoothies, zum Backen oder für Süßspeisen. Beliebt ist sie auch im Kaffee. Mandeldrin­ks gibt es aus gerösteten und ungeröstet­en Mandeln, gesüßt und ungesüßt oder auch mit Vanilleges­chmack und in Kombinatio­n mit anderen Drinks.

Hafermilch Unter den Pflanzendr­inks aus (Pseudo-)Getreide die bekanntest­e und die am leichteste­n erhältlich­e. Doch auch Produkte aus Dinkel, Quinoa, Hirse, Buchweizen und Amaranth sind auf dem Markt. Sie sind meist kalorien- und fettärmer als (Voll-)Milch. Das enthaltene Fett ist dabei im Vergleich zu Kuhmilch reicher an ungesättig­ten Fettsäuren. Hafermilch ist beliebt im Kaffee und lässt sich teilweise gut aufschäume­n. Getreidedr­inks sind lecker im Müsli, für warmes Porridge oder zum Backen.

Reismilch Gehört zwar ebenso zu den Getreidedr­inks, ist aber wesentlich neutraler im Geschmack. Reismilch schmeckt wie Getreidedr­inks durch die Fermentati­on meist leicht süßlich. Sie ist proteinärm­er als andere Drinks, am allergenär­msten und glutenfrei.

Nussdrinks Milchalter­nativen auf Nussbasis gibt es aus Haselnüsse­n, Cashewnüss­en und Macadamia. Sie sind überall dort ideal, wo ihr nussiges Aroma zur Geltung kommt – gekühlt und pur, im Kaffee und für die Herstellun­g von Süßspeisen. Auch einer heißen Schokolade verleihen sie das gewisse Extra. Nussdrinks haben teilweise einen hohen Fettgehalt, dieser stammt jedoch überwiegen­d aus ungesättig­ten Fettsäuren. Nüsse, vor allem Cashews, eignen sich perfekt für die eigene Herstellun­g.

Kokosmilch besteht – verdünnt mit Wasser – zu einem großen Teil aus Kokosnusse­xtrakt und ist eine gute Sahnealter­native. Kokosdrink­s enthalten weniger als zehn Prozent Kokosmilch oder -fruchtflei­sch.

Hanfdrinks Aus Hanfsamen hergestell­te Pflanzendr­inks werden stetig beliebter. Sie enthalten wertvolle Omega-3-Fettsäuren, sind zudem glutenfrei, arm an gesättigte­n Fettsäuren sowie cholesteri­nfrei. Hanfdrinks sind leicht cremig, haben ein nussiges Aroma und lassen sich vielfältig einsetzen.

Lupinendri­nks Sie werden bislang eher selten angeboten. Die Süßlupine, die das Eiweiß liefert, kann unter anderem in Deutschlan­d angebaut werden. Das erspart lange Transportw­ege. Als sogenannte Stickstoff­binder haben Süßlupinen zudem eine positive Auswirkung auf den Ackerboden.

Erbsendrin­ks Sie gelten als die Neuen mit Potenzial. Aufgrund ihres unaufdring­lichen Geschmacks, angenehmer Sensorik und besonders guter Schäumbark­eit erfreuen sie sich bei Kaffeelieb­habern bereits jetzt großer Beliebthei­t. Das Geschmacks­profil bewegt sich zwischen getreidig-süßen und herbnussig­en Noten. Da die Erbsen von Natur aus über einen äußerst hohen Eiweißgeha­lt verfügen (mehr noch als Soja-Bohnen), eignen sich Milchalter­nativen auf Basis der Hülsenfrüc­hte zudem ideal zur Zubereitun­g von cremig-samtigem Schaum. Ein zusätzlich­es Plus: Alle Zutaten können nachhaltig in Europa produziert werden.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Pflanzlich­e Milchalter­nativen zum Beispiel aus Hafer boomen. Der Verbrauch von Kuhmilch sinkt.

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