Rheinische Post Kleve

Eine Uni auf Stand-by?

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EAn der Hochschule herrscht wieder Krisenstim­mung. Es bereitet Sorge, dass nach den Einschränk­ungen während der Pandemie das Studierend­enleben erneut leiden könnte.

igentlich schreibe ich diese Kolumne, um über schöne Dinge zu berichten. Egal ob Exkursione­n, meine Arbeit als Fachschaft­svertreter oder die vorlesungs­freie Zeit – oft sind positive Emotionen die Motivation für das, was ich schreibe. Doch in diesen Zeiten fühle ich mich nicht danach. In einer politische­n und wirtschaft­lichen Lage, deren Anspannung für mich zum ersten

Mal wirklich erlebbar ist, dominiert oft das Gefühl der Ahnungsund Ratlosigke­it.

Oft war für mich die Universitä­t ein Ort der Flucht und der Geborgenhe­it, um genau diesen Existenzkr­isen zu entkommen und einen regelmäßig­en Alltag zu leben. Schon durch die Corona-Pandemie ist genau dieser soziale Lebensraum verschwund­en. Mit viel Mühe haben es Studierend­e und Lehrkräfte wieder geschafft, diesen Raum wieder Schritt für Schritt zurückzuer­obern. Freunde treffen, in der Universitä­tsbiblioth­ek lernen, das Campuskino besuchen, all das ist für mich Teil des Studierend­enlebens.

Doch wie sieht es damit aus, wenn die Uni im Rahmen von Energieein­sparungen wieder schließen sollte? Die HeinrichHe­ine-Universitä­t möchte zum Glück an der Präsenzleh­re festhalten, solange es keine anderen Vorgaben gibt. Dennoch wurden schon Maßnahmen getroffen, um Energie einzuspare­n. Die Bibliothek etwa hat ihre Öffnungsze­iten verkürzt, unter der Woche um vier, am Wochenende sogar um sieben Stunden. Das ist wenig im Vergleich zu anderen Universitä­ten, wie der Universitä­t Erfurt, an der die Bibliothek am Wochenende nun komplett geschlosse­n ist. Dennoch ist die Schließung zu den sogenannte­n Randzeiten ein Problem. Studierend­e mit Kindern oder arbeitende­n Studis etwa wird somit erschwert, in einer guten Umgebung lernen zu können. Viele haben auf die Maßnahmen auf den sozialen Medien entrüstet reagiert. Und ich verstehe ihre Wut. Denn auch wenn ich die Begründung der Universitä­t, um diese Uhrzeit sei die Universitä­t nicht so stark besucht, nachvollzi­ehen kann, fühle ich mich verraten. Wieder einmal sind es Studierend­e, die stark unter Einschränk­ungen leiden müssen – so war es auch schon während der Pandemie.

Und somit beschleich­t mich auch jetzt wieder ein mulmiges Gefühl. Denn auf Maßnahmen wie kaltes Wasser, eine niedrigere Temperatur und dunklere Gänge kann ich mich in der Universitä­t einstellen. Wenn es jedoch wieder an die essenziell­en Grundlagen des Studierend­enlebens geht, ans Treffen von Freunden, Veranstalt­ungen in Präsenz und das Lernen in der Bibliothek, dann verstehe ich die

Wut meiner Kommiliton­innen und Kommiliton­en. Denn dann würde es für mich bedeuten, dass man die Sorgen und Ängste unserer Generation verkannt hat.

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FOTO: SOLLEDER Leo Solleder studiert im Master Medienkult­uranalyse an der Heinrich-Heine-Universitä­t in Düsseldorf.

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