Rheinische Post Kleve

H bis A+: Was ein Energieaus­weis leistet

Wichtig wie selten zuvor: der Energieaus­weis. Er gibt Auskunft über den möglichen Energiever­brauch einer Immobilie für Heizung und Warmwasser. Ist er also der Heilsbring­er bei der Immobilien­bewertung?

- VON KATJA FISCHER

Auf einen Blick anzeigen, wie viel Energie ein Haus oder eine Wohnung für Heizung und Warmwasser­bereitung verbraucht: Das verspricht der Energieaus­weis. Angesichts der gestiegene­n Energiepre­ise ist das eine durchaus interessan­te Informatio­n. Schon optisch soll deutlich werden, wo die Immobilie energetisc­h steht. Die Skala reicht von grün bis rot, von den Effizienzk­lassen H bis A+.

Nicht jeder Eigentümer einer Immobilie muss einen Energieaus­weis ausstellen lassen. Er ist nur bei einem Eigentümer­wechsel oder einer Neuvermiet­ung relevant. Wer sich neu einmieten oder eine Immobilie kaufen will, hat Anspruch auf Einsicht in den Energieaus­weis. Die Entscheidu­ng für oder gegen einen Kauf oder Mietvertra­g beeinfluss­t der Energieaus­weis aber in den wenigsten Fällen.

„Kein Wunder, er sagt ja auch kaum etwas über den realen Verbrauch aus“, sagt Marc Förderer vom Bauherren-Schutzbund in Berlin. „Ein Haus oder eine Wohnung ist kein Kühlschran­k, bei dem eine bestimmte Effizienzk­lasse für konkrete Verbrauchs­werte in Kilowattst­unden steht.“Beim Energieaus­weis ist alles viel komplizier­ter, Farbskala und

Effizienzk­lassen sind allenfalls eine grobe Orientieru­ng.

Formal ist aber erst einmal alles einfach: Vermieter oder Verkäufer von Immobilien können wählen, ob sie sich von geschulten Experten einen Verbrauchs­ausweis oder einen Bedarfsaus­weis ausstellen lassen. Interessie­rte finden Fachleute zum Beispiel unter www.energie-effizienze­xperten.de. Der Verbrauchs­ausweis wird oft bei Bestandsim­mobilien eingesetzt, wo bereits Verbrauchs­zahlen gemessen werden konnten. Bei Neubauten ist ein Bedarfsaus­weis Pflicht, er kann aber auch bei anderen Immobilien verwendet werden.

Für die beiden Ausweise gibt es unterschie­dliche Berechnung­sgrundlage­n. Beim Verbrauchs­ausweis wird der Energiebed­arf anhand des tatsächlic­hen Verbrauchs ermittelt. Am Ende der Rechnung steht eine Angabe in Kilowattst­unden pro Quadratmet­er Nutzfläche, an der sich künftige Nutzer orientiere­n können. Für den Verbrauchs­ausweis müssen die Adresse und die Nutzfläche, vor allem aber die Heizkosten- und Verbrauchs­abrechnung­en aus drei aufeinande­rfolgenden Jahren vollständi­g vorliegen. Dabei darf das Ende dieses Abrechnung­szeitraums höchstens 18 Monate zurücklieg­en.

„Allerdings bildet der Verbrauchs­ausweis lediglich das Nutzerverh­alten der letzten Jahre ab“, sagt Hans Weinreuter, Energieexp­erte bei der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz. Ob das dem eigenen Verhalten ähnelt, ist unklar.

Bei der anderen Berechnung­smethode bleibt dagegen der tatsächlic­he Verbrauch außen vor. Dafür rückt das Gebäude in den Vordergrun­d. Beim Bedarfsaus­weis ermittelt ein Sachverstä­ndiger aus den

technische­n Daten der Immobilie, wie hoch der Energiebed­arf aufgrund ihrer Bauweise ist. In die Berechnung fließen Angaben über Gebäudetyp und Gesamtwohn­fläche, Wärmedämmu­ng und die Haustechni­k ein. Sogar Klimabedin­gungen werden berücksich­tigt.

„Allerdings wird dabei in ganz Deutschlan­d ein einheitlic­her Wert zugrunde gelegt, der das Wetter in Potsdam abbildet“, sagt Hans Weinreuter. „Das verzerrt das Bild erheblich, denn in den Alpen oder an

der rauen See herrschen nun mal andere Wetterbedi­ngungen als in Brandenbur­g, und die Menschen müssen anders heizen.“

Im Energieaus­weis werden der Endenergie­wert und der Primärener­giewert der Immobilie ausgewiese­n. Beide sind wichtige Kennzahlen für den Nutzer, aber nicht auf Anhieb zu verstehen. Der Endenergie­wert gibt an, wie viel Energie jährlich pro Quadratmet­er benötigt wird, um den Wohnraum zu beheizen und mit Warmwasser

zu versorgen. Der Primärener­giekennwer­t bildet ab, ob und in welchem Maße fossile Brennstoff­e oder erneuerbar­e Energien genutzt werden. Er ergibt sich aus der Multiplika­tion des Endenergie­werts mit einem sogenannte­n Primärener­giefaktor.

„Der Energieaus­weis spielt bisher bei der Entscheidu­ng für oder gegen eine Mietwohnun­g oder den Kauf eines Hauses eher eine Nebenrolle“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. Er enthält auch keine Informatio­nen über die tatsächlic­hen Heizkosten der Wohnung oder des Hauses. Das sagten eher die Höhe der Nebenkoste­n oder die Warmmiete aus.

Angesichts der rasant steigenden Energiekos­ten beobachte Haus & Grund aber eine zunehmende Nachfrage nach Wohnungen in effiziente­ren Gebäuden, die zwar teurer seien, in denen die Heizkosten aber in Zukunft beherrschb­ar blieben. Ein aussagefäh­iger Energieaus­weis kann für Käufer oder Mieter Orientieru­ng geben. „Eigentümer­n hilft er aber wenig, da er keine brauchbare­n Informatio­nen über sinnvolle Sanierungs­maßnahmen enthält“, sagt Kodim.

Einmal ausgestell­t ist der Energieaus­weis zehn Jahre lang gültig.

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FOTO. DPA Soll auf einen Blick zeigen, wie eine Immobilie energetisc­h aufgestell­t ist: der Energieaus­weis.

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