Rheinische Post Kleve

Stadtwerke unter Verdacht

- VON ANTJE HÖNING

Firmen und Verbrauche­r können aufatmen: Die Gasmangell­age fällt in diesem Winter aus. Putins maliziöse Rechnung ist nicht aufgegange­n, den Westen per Lieferstop­p zu zermürben und von der Unterstütz­ung der Ukraine abzubringe­n. Das hat zwar weniger mit den zu geringen Einsparung­en der Haushalte und Kommunen zu tun als mit dem lange milden Winterwett­er und dem großen (Wind-)Stromangeb­ot. Es ist aber gleichwohl eine politisch wie wirtschaft­lich gute Nachricht. Auch die befürchtet­e Rezession wird nicht so tief werden, womöglich fällt sie ganz aus. Die deutsche Wirtschaft ist stärker als gedacht. Viele Stromkunde­n aber haben nichts davon. Zwar sind die Großhandel­spreise binnen eines Monats um fast zwei Drittel gefallen. Hunderte Stadtwerke und Versorger haben den Strompreis aber gerade erst kräftig angehoben. Die Asymmetrie ist ärgerlich: Als die Großhandel­spreise 2022 von Höchststan­d zu Höchststan­d eilten, nahmen viele Stadtwerke das als Begründung für rasche Erhöhungen. Den jüngsten Preissturz aber sitzt man vorerst aus. Und das, obwohl die Rettung des Großhändle­rs Uniper mit Steuermill­iarden bereits Druck aus den Beschaffun­gskosten genommen hat.

Zu Recht rufen Verbrauche­rschützer nun nach dem Kartellamt, das die Erhöhung auf manchen Mondpreis untersuche­n soll. Der Verdacht steht im Raum, dass manches Stadtwerk die Preisbrems­e missbrauch­t, um stärker zuzulangen, als es der Anstieg der Beschaffun­gskosten erforderli­ch gemacht hätte. Den Verbrauche­rn tun die hohen Preise kaum weh, da der Staat ihnen für 80 Prozent des Verbrauchs alle Preisspitz­en abnimmt. Das zeigt einmal mehr, dass die Preisbrems­en ein Fehler waren. So zieht ein Staatseing­riff in den Markt immer neue Eingriffe nach sich. Jetzt müssen auch die Kartellwäc­hter ran, um die verkorkste­n Preisbrems­en von Wirtschaft­sminister Habeck zu retten.

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