Rheinische Post Kleve

„Die drei ???“auf Wanderscha­ft

Die Hörspiel-Episode Nummer 220 erscheint an diesem Freitag: „Im Wald der Gefahren“erzählt von einem Ausflug der Ermittler nach Montana. Sie wollen Zeit in der Natur verbringen. Aber bald tut sich in der Idylle ein Abgrund auf.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Es ist immer schön, wenn „Die drei ???“mal nicht daheim in Rocky Beach ermitteln, sondern bei Ausflügen auf Geheimniss­e, Ungereimth­eiten und Mysteriöse­s stoßen. Diese Episoden fühlen sich auch für das Publikum wie Urlaub an, und deshalb lässt man sich gleich zu Beginn der neuen Folge fallen. Sie beginnt als Idylle: „Berge, Wälder, Seen, und hinter jeder Kuh war ein neuer atemberaub­ender Blick“, diktiert Bob auf der Fahrt von Kalifornie­n nach Montana in das Reisetageb­uch in seinem Handy. Viel mehr Zeit zum Entspannen wird ihm allerdings nicht bleiben.

„Im Wald der Gefahren“lautet der Titel von Folge 220. Die Vorlage erschien Anfang vergangene­n Jahres als Buch, und geschriebe­n wurde sie von André Marx, der mit weit mehr als 30 Bänden (darunter die Jubiläumse­pisode „Die Toteninsel“) der Autor mit den meisten Beiträgen zu dieser Reihe ist. Die Idee zum neuen Werk sei ihm auf einem Waldspazie­rgang gekommen, verriet er. Man wüsste gerne, in welchem Wald das gewesen ist. Dann könnte man ihn weiträumig umfahren.

Die drei schönsten Momente beim Abspielen einer bislang ungehörten „Drei ???“-Episode sind erstens das Hereinwehe­n der Titelmelod­ie, zweitens das Wiederhöre­n mit den Stimmen von Oliver Rohrbeck ( Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw) und Andreas Fröhlich (Bob Andrews) sowie drittens der Auftritt von Erzähler Axel Milberg. Überhaupt ist der Erzähler ja traditione­ll derjenige, der den Überblick behält, er mutet wie der Schutzenge­l der Hörerschaf­t an, er bietet eine Schulter zum Anlehnen, denn solange er da ist, wird der Grusel ein gewisses Maß nicht überschrei­ten. Milbergs Vorgänger in diesem herausrage­nden Job waren übrigens Peter Pasetti (Folge eins bis 64), Matthias Fuchs (65 bis 103) und Thomas Fritsch (104 bis 186).

Man begegnet den „Drei ???“nun also auf der Fahrt über die Interstate 90 zum Ort Two Creeks, sie wollen dort ein paar Tage mit einer geführten Gruppe über den Capricorn Peak wandern. Peters Opa hatte ihm die Reise geschenkt, aber wegen einer Verletzung musste er passen, also lud der Enkel seine beiden Freunde ein, ihn zu begleiten. In Two Creeks sind sie mit dem Survival-Meister

Ralph im Green House verabredet. Aber schon 300 Meter nach dem Ortsschild haben sie den Ort komplett durchfahre­n, ohne das Haus zu finden. Sie wenden den Wagen, und da ahnen sie bereits, dass das hier doch keine Zeit der Erholung werden wird.

Stellenwei­se erinnert „Im Wald der Gefahren“an die Episode „Der Nebelberg“, die in den Rocky Mountains spielt. Es gibt immer wieder Passagen, in denen Axel Milberg sich zu poetischen Landschaft­sbeschreib­ungen

aufschwing­t: „Grünes Licht fiel auf den weichen Waldboden.“Das kontrastie­rt gut mit dem Unheil, das im Dunkeln zwischen den Bäumen lauert. Ein zwielichti­ger Kerl namens Mr. Eddington stößt zu der Gruppe, Unfälle passieren, ein Bär taucht auf, ein Vogelhäusc­hen entpuppt sich als toter Briefkaste­n, und Peter macht eine irgendwie psychedeli­sche Erfahrung.

Der Kulturjour­nalist André Boße hat in seiner bei Reclam erschienen­en Monografie über „Die drei ???“

von der permanente­n Gegenwart geschriebe­n, die in dieser Serie herrsche: drei Jungs gefangen in der Dauerschle­ife der Ermittlung­en. Dazu trage bei, dass Männer um die 60 ihre Stimme an Jungen verleihen, die etwa 17 sind. Dieser Zustand der Zeitlosigk­eit wird auch in „Im Wald der Gefahren“nicht aufgebroch­en – jedenfalls, wenn man darüber hinwegsieh­t, dass Bob am Anfang in sein Handy diktiert, anstatt ins Notizbuch zu schreiben. Immer wieder stößt man im weiteren Verlauf

auf grandios oldschooli­ge Sätze wie den von der Herbergsmu­tter gesprochen­en „Marsch, zurück in die Betten“.

Das Sounddesig­n von „Im Wald der Gefahren“ist gelungen, die beste Stelle ist jene, in der zwei Personen auf einem See treiben und in die Strömung geraten, die sie Richtung Wasserfall zieht. Da bekommt man Klänge geboten, die jedes Krautrock-Stück verzieren würden: Elektroaku­stik-Kunst. Und dass man dranbleibt und gar nicht aufhören mag zuzuhören, liegt auch an diesen Fragen, die eben nur in „Die drei ???“-Hörspielen gestellt werden: „Wer hat dich so zusammenge­schnürt? Und wer ist dieser Mann da auf dem Feldbett?“Geradezu klassisch sind auch Spannungst­rigger wie: „Still, sch scht, leise! Da draußen ist jemand.“

„Im Wald der Gefahren“ist ohnehin klassische­r Stoff. Allein, dass es diese Produktion überhaupt gibt, wirkt schon beruhigend: „Die drei ???“sind noch da. So schlimm kann es um die Welt also nicht stehen.

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FOTO: EUROPA/SONY Dieses Motiv soll Lust aufs Hören von Episode 220 machen. Sie trägt den Titel „Die drei ???: Im Wald der Gefahren“.
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FOTO: HARTMANN/DPA Oliver Rohrbeck (v.l.) spricht Justus Jonas, Andreas Fröhlich spricht Bob und Jens Wawrczeck leiht Peter seine Stimme.

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