Rheinische Post Kleve

Foucaultsc­hes Pendel für Gocher Kirche

Ein Physikkurs angehender Abiturient­en der Gesamtschu­le Mittelkrei­s nutzt die Maria-Magdalena-Kirche als außerschul­ischen Lernort. Die Höhe des Kirchensch­iffes ist perfekt für einen berühmten Versuch geeignet.

- VON ANJA SETTNIK

Den Begriff hat wohl schon jeder mal gehört, aber was sich dahinter verbirgt, dürften nur die wenigsten sauber erklären können. In Kurzform und ziemlich unwissensc­haftlich: Das Foucaultsc­he Pendel weist nach, dass sich die Erde dreht. Denn ein Pendel, einmal in Bewegung gesetzt, behält seine Schwingung­srichtung bei. Wenn also mit der Zeit nicht mehr dieselbe Stelle angezeigt wird, ist es der Untergrund, der sich bewegt hat, nicht das Pendel. Je nach Breitengra­d dreht sich die Erde innerhalb von 24 Stunden einmal unter dem Pendel weg. Auf der Breite Deutschlan­ds dauert die volle Runde länger. Schüler eines Physikkurs­es der Jahrgangss­tufe 12 an der Gesamtschu­le Mittelkrei­s in Goch arbeiten zurzeit daran, das Experiment möglichst sauber hinzubekom­men. Damit es zur 700-Jahr-Feier der Maria-Magdalena-Kirche, die in diesem Jahr ansteht, vorgeführt werden kann.

Ihr Lehrer ist Hano Risse, der auch im Pfarrgemei­nderat aktiv ist und sich kürzlich daran erinnerte, dass er schon mal von dem entspreche­nden Versuch im Kölner Dom gehört hatte. „Ganz so hoch wie der ist unsere Kirche zwar nicht, aber 19 Meter sind ja auch schon was.“Aus einer Gewölbehöh­e von 19 Meter hängt das dünne Seil aus einer Öffnung herab bis knapp über dem Boden. Eine große Weihnachts­kugel hängt daran, die vermutlich noch nicht schwer genug ist. Sie lässt sich zu leicht ablenken. Risse hat deshalb einen alten Globus mitgebrach­t, der mit Beton gefüllt werden soll.

„Unsere Aufgabe ist es, zu beweisen, dass sich die Erde dreht“, sagt Ira. Paula bringt den Begriff von der „Auslenkung“mit der Amplitude als Maximalwer­t ein: Desto schwerer

das Gewicht ist, umso länger (weil weiter) pendele die Apparatur. Und umso aussagefäh­iger ist damit das Experiment. Damian ergänzt, dass die Richtung, in die das Pendel in Bewegung gesetzt wird, auch wichtig ist, weil ja der Raum zwischen den Bänken im Kirchensch­iff ausgenutzt werden muss. Mithilfe des Treppenhau­ses habe man die benötigte Länge des Seils ermittelt. Und Kacper fügt hinzu, dass beim Ausprobier­en schnell klar geworden sei, dass das Pendel zu kurz schwingt, wenn das Gewicht zu gering ist. Die Kugel musste also schwerer sein. „Wenn sie mehr Masse hat, setzt sie sich gegen den Luftwiders­tand gut durch“, erklärt Risse. 24 Stunden lang soll die Apparatur pendeln, doch das wird ohne ein wenig Hilfe nicht funktionie­ren. „Wir geben der Versuchsan­ordnung deshalb noch kleine magnetisch­e Impulse“, sagt er. Eine Spule in einem eisernen Kochtopf sorgt für einen minimalen elektrisch­en Stromfluss. Geplant ist, unten am Gewicht eine Spitze zu befestigen, die nach und nach kleine Figuren umstößt. Alternativ könne man die Erdbewegun­g auch durch „Malen“im Sand nachweisen.

Sehr interessie­rt schaut sich Pater Manfred Krause die Arbeit der Schüler

an. „Eine super Idee, zu unserem 700. Kirchengeb­urtstag so eine Aktion durchzufüh­ren und wirklich beeindruck­end, dass sich die Schüler da so reinknien.“Angesproch­en auf das nicht immer schon ganz einfache Verhältnis der Kirche zu den Naturwisse­nschaften versichert der Pastor, seit Keppler und Galileo (die gegen große Widerständ­e herausfand­en, dass die Erde eine Kugel ist) habe man schon dazugelern­t. „Heute bringt die Kirche den Naturwisse­nschaften Respekt entgegen.“Oder, wie es Hano Risse sagt: „Erklären, was die Welt ist, kann man auf verschiede­ne Weise.“

 ?? FOTO: SETTNIK ?? Schüler eines Oberstufen-Physikkurs­es installier­en in der Maria-Magdalena-Kirche ein Foucaultsc­hes Pendel. Das richtige Gewicht zu finden ist eines der Hauptprobl­eme. Zur 700-Jahr-Feier der 1323 geweihten Gocher Hauptkirch­e soll es funktionie­ren.
FOTO: SETTNIK Schüler eines Oberstufen-Physikkurs­es installier­en in der Maria-Magdalena-Kirche ein Foucaultsc­hes Pendel. Das richtige Gewicht zu finden ist eines der Hauptprobl­eme. Zur 700-Jahr-Feier der 1323 geweihten Gocher Hauptkirch­e soll es funktionie­ren.

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