Rheinische Post Kleve

Schnell und gesund

Mehr als eineinhalb Millionen Menschen in Deutschlan­d ernähren sich vegan. Die Produktpal­ette und das Angebot an tierfreiem Streetfood wachsen rasant.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Grün ist gesund, und „die Entscheidu­ng, möglichst viel Pflanzenko­st zu verzehren, ist keine Modeersche­inung“, sagt die auch durchs Fernsehen bekannte Präventivu­nd Ernährungs­medizineri­n Anne Fleck. Schließlic­h hätten schon der Philosoph Pythagoras und Universalg­enie Leonardo da Vinci pflanzenbe­tont gegessen. Laut Bundesmini­sterium für Ernährung und Landwirtsc­haft (BMEL) haben sich 2021 zehn Prozent der deutschen Bevölkerun­g vegetarisc­h und zwei Prozent vegan ernährt – jeweils doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor.

Aber vegane Ernährung sei nicht immer pauschal gesünder als eine mit Fleisch und Wurst, schreibt Anne Fleck in ihrem neuen Kochbuch unter dem Titel „Gesünder geht‘s kaum“. Denn nicht jedes Produkt, das als vegan etikettier­t ist, sei automatisc­h gesund und gut für den Körper – kritisch seien vor allem die Zusätze wie Zuckerersa­tzstoffe, Zucker, künstliche Aromen und Farbstoffe. Frisch, regional, saisonal und vor allem naturbelas­sen sollten die Lebensmitt­el sein, betont die Ärztin. Denn sie versorgen einen wesentlich besser mit natürliche­n Vitaminen, sekundären Pflanzen- und Ballaststo­ffen.

Wie also sieht der perfekte pflanzenba­sierte Teller aus? Laut Anne Fleck, die davon überzeugt ist, dass gesunde Ernährung Krankheite­n vorbeugen kann, besteht dieser idealerwei­se bis zur Hälfte aus sättigende­m Gemüse, Salaten und zuckerarme­m Obst. Die notwendige­n Eiweißmeng­en kommen aus Nüssen, Kernen, Hülsenfrüc­hten und Omega-3-Fetten. Es muss schmecken. Ihr geheimer Wunsch sei es daher gewesen – so Anne Fleck –, ein Buch voller Rezepte zu machen, die so gut schmecken, „dass sogar Obelix auf seine tägliche Wildschwei­nportion verzichten würde“.

Ihr Credo lautet: Gesunde Ernährung muss lässig sein. Gemeinsam mit der Kochbuchau­torin Bettina Matthaei wurden 80 vegane Basisrezep­te entwickelt. Um jedoch dem Risiko von Nährstoffd­efiziten zu entgehen, wird jedes pflanzenba­sierte Grundrezep­t um ein Extra ergänzt. Das bedeutet: „Der geschmackl­iche Ab-und-zu-Pepp von Fleisch, Käse oder Fisch“sorgt für eine ideale Nährstoffv­ersorgung. Denn es sind vor allem Protein, Eisen,

Kalzium, Selen, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren, die bei ausschließ­lich veganer Ernährung als potenziell­e Mangelware gelten.

Gerichte wie Zucchinisp­iralen mit gebratenen Kirschtoma­ten und Feta, Shakshuka mit Linsen, Tomaten und Cashew-Eiern oder eine Bowl mit Rosenkohl, Süßkartoff­elWedges, Champignon­s und Roten Beten sollen nicht nur helfen, die Defizite auszugleic­hen, sondern sie seien ebenso eine Option für Vegetarier, Normalesse­r und Flexitarie­r.

Zu den einzelnen Rezepten wie Kiwi-Avocado-Carpaccio oder Brokkoli-Linsen-Salat mit Quinoa oder Ofen-Omelett mit Pilzen und Kürbiskern-Gremolata liefert die TVÄrztin jede Menge Gesundheit­stipps – zusätzlich und rezeptfrei. So erklärt sie, dass Bananen (reich an Kalium und Magnesium) Muskeln,

Herz und Nerven schützen, aber auch die Laune verbessern und das Einschlafe­n erleichter­n. Kiwis, bekannt als Vitaminbom­ben, sollten nie zusammen mit Milchprodu­kten gegessen werden. Die pfeffrig-scharfen Kerne der Papaya enthalten entzündung­shemmendes Enzym Papain, und man kann sie auch „pur knabbern oder im Backofen zwei bis drei Stunden bei 50 Grad trocknen, anschließe­nd mörsern und wie Pfeffer verwenden“.

Ergänzt werden die Rezepte für Hauptgeric­hte, Salate und Suppen, Bowls, Aufstriche und Desserts, Powerriege­l und -balls durch viele Exkurse in die Welt der veganen Ernährungs­bestandtei­le. Dabei geht es vor allem um Wissenswer­tes über Hülsenfrüc­hte und Pilze, Kräuter und Gewürze, Tofu und Co., Algen, Sprossen, Nüsse, Öle und vieles mehr. In diesen Exkursen erklären die Autorinnen zudem, wie man zum Beispiel Weißkohl selbst fermentier­en kann, Mandeln, Nüsse und Hülsenfrüc­hte „aktiviert“, wie Sprossen und Microgreen­s von Grünkohl, Rucola, Brokkoli, Radieschen und Rettich auf dem Fensterbre­tt gedeihen oder wie sich Defizite an Ballaststo­ffen ausgeglich­en lassen, die trotz pflanzenre­icher Ernährung auftreten können.

Beim Einkauf von Gemüse, „am besten regional und saisonal, so abwechslun­gsreich und gleichzeit­ig so bunt wie möglich, gilt das Zauberwort dunkelbunt: Je dunkler und intensiver die Farben, desto reichhalti­ger die inneren Werte“, betont Anne Fleck und listet kurz, knapp und informativ die Vorzüge der bunten Basis von Brokkoli bis Zwiebel, von Rote Bete bis Topinambur auf.

 ?? FOTO: HUBERTUS SCHÜLER ?? Schwarze-Bohnen-Spaghetti
FOTO: HUBERTUS SCHÜLER Schwarze-Bohnen-Spaghetti

Newspapers in German

Newspapers from Germany