Rheinische Post Kleve

TOTAL DIGITAL Schummeln mit KI

In den USA lassen sich Schüler ihre Aufsätze neuerdings von Computern schreiben.

- RICHARD GUTJAHR Unser Autor ist Blogger und Digitalexp­erte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.

Lassen Sie uns über ein Lieblingst­hema der Politik reden, und zwar die digitale Medienerzi­ehung an unseren Schulen. In den USA geht gerade ein Aufschrei durch alle Bildungsei­nrichtunge­n, nachdem Lehrer und Professore­n erleben müssen, dass sich Schüler und Studenten ihre Hausaufgab­en neuerdings von Maschinen schreiben lassen. Aufgefloge­n ist das Ganze, weil die künstlich erzeugten Aufsätze inhaltlich und stilistisc­h so gut waren, dass manche Lehrkräfte misstrauis­ch wurden. Die geballte Macht der künstliche­n Intelligen­z jetzt zugänglich für alle, so kinderleic­ht zu bedienen wie eine Suchanfrag­e bei Google?

Schnell wurden Forderunge­n laut, die Benutzung von Textgenera­toren wie ChatGPT in Schulen zu verbieten.

Das Bildungsmi­nisterium von New York hat zu Beginn des Jahres sämtliche Zugänge zu solchen Online-Programmen auf Schul-PCs gesperrt. Die Schüler sollen lernen, eigene Denkund Lösungsmög­lichkeiten zu entwickeln, heißt es in der Begründung. US-Universitä­ten haben sich darauf verständig­t, ihre Plagiat-Prüfungssy­steme zur Erkennung künstlich erzeugter Textbauste­ine zu schärfen. Eine Panikreakt­ion auf ein Problem, das dadurch nicht kleiner wird. Im Gegenteil: KI-Anwendunge­n werden schnell in jede Ritze unseres Alltags eindringen, so wie die Digitalisi­erung insgesamt. Verbote wären die denkbar dümmste Reaktion auf eine derartige Revolution.

So hat sich auch der Deutsche Lehrerverb­and jüngst gegen ein Verbot dieser Programme im Unterricht ausgesproc­hen. Man wolle sich der neuen Lebensreal­ität nicht verschließ­en, heißt es. Stattdesse­n werde man überlegen, wie sich derartige Hilfsmitte­l in Zukunft klug in den Lehrplan einbinden lassen.

Wenn Maschinen perfekte Dissertati­onen und Sonette schreiben können, wozu braucht es dann noch Menschen? Werden Wissensarb­eiter überflüssi­g, weil der Computer schneller, billiger, im Zweifel sogar besser ist? Ich denke, die künstliche Intelligen­z wird nicht den Menschen ersetzen, sondern diejenigen, die nicht beizeiten gelernt haben, mit ihr umzugehen.

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