Rheinische Post Kleve

Vor dem Umzug steht die TÜV-Prüfung

Um an den Karnevalsu­mzügen im Kleverland teilnehmen zu dürfen, müssen die Wagen vorher eine Prüfung des TÜV Nord bestehen. Worauf achtet Stationsle­iter Heinz Willi van de Loo dabei? Und wie ist der Zustand der Wagen?

- VON LUDWIG KRAUSE

Die „KC Fette Party“möchte hoch hinaus. Zu hoch für die Werkstatt von Autoservic­e Elsmann an der Steinstraß­e in Kleve. Mit mehr als vier Metern Höhe passt der Karnevalsw­agen nicht in die Halle – also wird die TÜV-Inspektion kurzerhand auf den Vorplatz verlagert. Dort kriecht Prüfer Heinz Willi van de Loo dann eben auf dem Rücken unter den Wagen. „Dafür bin ich zwar eigentlich nicht sportlich genug, aber mein Sicherheit­sbedürfnis ist einfach zu groß, um hier unten nicht nachzuscha­uen“, sagt er. Nichts soll seinem geschulten Auge entgehen.

Auch wenn es während des Karnevals noch so jeck zugeht, sind spezielle TÜV-Gutachten für die bunten Umzugswage­n Pflicht. Erst wenn die Fahrzeuge die Prüfung bestanden haben, dürfen sie an den Umzügen teilnehmen. „So stellen wir die größtmögli­che Verkehrssi­cherheit auf den Veranstalt­ungen sicher“, sagt der Leiter der TÜV Nord Station in Kleve. Das Besondere: Geprüft wird nach der Brauchtums­verordnung. Darin sind spezielle Ausnahmere­gelungen für den Karneval definiert. Zum Beispiel müssen die Gespanne so konzipiert sein, dass niemand unter den Wagen geraten kann. Auch die maximale Personenan­zahl eines Fahrzeugs wird erst bei der Prüfung festgelegt. Und neben der Kippsicher­heit werden natürlich auch die Bremsen, Achsen und die Beleuchtun­g kontrollie­rt.

Um an Karnevalsz­ügen teilnehmen zu dürfen, müssen die Wagen überall in Deutschlan­d eine Sicherheit­sprüfung über sich ergehen lassen. Einheitlic­he Standards gibt es

dafür nicht, allein in NRW hat jede Bezirksreg­ierung eigene Regeln. „In Düsseldorf sind sie zum Beispiel viel weniger streng als in Köln“, sagt van de Loo. In Rheinland-Pfalz seien die Auflagen erst kurz vor den närrischen Tagen verschärft worden. Hier reichen künftig die speziellen TÜV-Gutachten nicht mehr aus. Die Vorschrift­en besagen nun, dass alle am Umzug teilnehmen­den Fahrzeuge eine offizielle Betriebser­laubnis benötigen. „Dann hätten 90 Prozent der Wagen bei uns keine Chance“, sagt van de Loo. Mit der Folge, dass die Wagen wohl auch nicht mehr an den Umzügen teilnehmen könnten.

Schon jetzt ist der Andrang der Gruppen bei weitem nicht mehr so stark wie vor der Corona-Pandemie, sagt Heinz Willi van de Loo. „Ich habe in diesem Jahr Termine für 60 Wagen, deutlich weniger als früher“, sagt er. Drei hintereina­nder sind es an diesem Samstagmor­gen im Januar. Übrigens: Auch die niederländ­ischen Zugteilneh­mer müssen die strenge Prüfung des deutschen TÜV durchlaufe­n. „Dafür fahren wir dann nach Groesbeek“, sagt der Prüfer. Hier sei die Nachfrage auch noch ungebroche­n. „Und technisch sind das wirklich Höhepunkte. Die legen sich richtig ins Zeug, bauen aufwendige Sachen, jedes Jahr neu“, sagt van de Loo.

Insgesamt sei der Zustand der Anhänger deutlich besser als noch zu Beginn der Prüfungen. „Als wir vor Jahren angefangen haben, waren die Anhänger alle Kernschrot­t, da hat es kaum einer im ersten Anlauf ohne Beanstandu­ng durch die Prüfung geschafft“, sagt van de Loo. „Heute sind alle im Prinzip durchsanie­rt.“Der Prüfer kennt die Karnevalis­ten, findet auch im Umgang mit ihnen den richtigen Ton. In Kranenburg und Kleve ist der Wagen von „KC Fette Party“unterwegs. Der Verein bekommt als Auflage, dass sich alle gleichmäßi­g auf dem Wagen verteilen. „Wenn zehn oder 15 Leute von links nach rechts laufen, weil da ein paar hübsche Mädchen stehen, ist das eine Verlagerun­g von einer Tonne Gewicht“, sagt van de Loo. „Das muss der Wagen aushalten.“

Die Ansprache kommt bei den Vereinen an. Denn auch hier sieht man am Ende des Tages ein, dass die Prüfungen ihren Sinn haben. Schließlic­h soll an den närrischen Tagen ausgelasse­n gefeiert werden – ganz ohne Sorge um die Sicherheit der bunten Wagen.

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Da nimmt es Heinz Willi van de Loo genau: Neben der Kippsicher­heit werden auch die Bremsen, Achsen und die Beleuchtun­g kontrollie­rt.
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RP-FOTOS: MARKUS VAN OFFERN Es hilft ja nichts: Wenn der Wagen zu groß für die Halle ist, muss der Prüfer unter das Gespann kriechen.
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In der Werkstatt von Elsmann in Kleve hat der TÜV am Samstag drei Umzugswage­n inspiziert.

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