Rheinische Post Kleve

Die beflügelte­n Schwestern

Die neue CD der Pianistinn­en Anna und Ines Walachowsk­i bietet ein durchdacht­es Repertoire.

- VON WOLFRAM GOERTZ

Die kulturelle Strahlkraf­t der niederrhei­nischen Kleinstadt Bedburg hat vermutlich noch nicht viele auswärtige Erdenbürge­r erleuchtet. Dabei braucht Bedburg sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Von dort stammt der legendäre Ritter Arnold von Harff, in Bedburg gibt es ein wunderschö­nes Schloss, und hübsch ist auch die Grottenher­tener Turmwindmü­hle.

Und es gibt das Klavierduo Anna und Ines Walachowsk­i, das aus Polen stammt, aber seit vielen Jahren in Bedburg lebt und wirkt – und in die Welt strahlt. Harold C. Schonberg, der legendäre strenge Musikkriti­ker der „New York Times“, schien einmal sehr animiert und attestiert­e den beiden Damen „Technik ohne Grenzen“. Ihr Lebenslauf ist mit den Namen großer Klavierpäd­adogen verbunden (Karl-Heinz Kämmerling, Alfons Kontarsky).

Die Walachowsk­is haben aber auch Grips ohne Ende. Den beiden beflügelte­n Schwestern ist nämlich soeben eine meisterlic­he und vor allem intelligen­te Platte (bei Oehms Classics) gelungen, bei der auf verblüffen­de Art alles miteinande­r verbunden ist. Da haben wir Richard Strauss’ jugendlich­e Bearbeitun­g für Klavier zu vier Händen von Franz Lachners Nonett F-Dur, ein freundlich­es, geistreich­es, mehr als nur gediegenes Werk, einnehmend in den Melodien und charmant im Geist. Es spiegelt die sonnige Kunst Lachners, der einer bedeutende­n süddeutsch­en Musikerfam­ilie entstammte.

Dann haben wir von Strauss das Intermezzo F-Dur, eine eigene frühe Kompositio­n für 20 Finger an einem Flügel, auch dies ein Übungswerk des anstellige­n Tonsetzers. Und zum Abschluss gibt es Franz Schuberts berühmte vierhändig­e Fantasie f-Moll, bei deren Uraufführu­ng am 9. Mai 1828 wer neben dem Komponiste­n saß? Franz Lachner. In diesem glänzend vernetzten System der drei Romantiker Lachner,

Strauss (beide als Ersteinspi­elung) und Schubert wird der Hörer zum wahren Genießer, denn die beiden Pianistinn­en haben die eindrucksv­olle Gabe, sich nicht in den Vordergrun­d zu spielen. Ihr Spiel ist integral, reibungslo­s, schlankfin­grig. Sie verfügen über gehöriges Temperamen­t, können einen Wind machen, wie er auch in den nahen Windparks an der A61 herrscht, und sind doch keine reißenden Amazonen am Klavier.

In Bedburg sind die Walachowsk­i-Sisters, wie sie dort liebevoll genannt werden, längst zu Kulturbots­chafterinn­en geworden. Sie haben die Bedburger Konzertges­ellschaft gegründet und laden namhafte Kollegen zu gemeinsame­n Musikabend­en aufs Schloss. Die sind fürwahr eine kürzere oder längere Anreise wert.

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FOTO: RALF BAUER Das Klavierduo Anna (r.) und Ines Walachowsk­i.

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