Die Union ringt um ihre künftige Migrationspolitik
In der Migrationspolitik hatte die Union schon einmal erheblichen Klärungsbedarf. Anfang 2019 veranstaltete die damalige Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ein viel beachtetes „Werkstattgespräch“. Insbesondere, um den Umgang mit der Flüchtlingskrise aufzuarbeiten. Seinerzeit war Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht sonderlich begeistert darüber. Geschichte wiederholt sich nun – zumindest ein bisschen.
Wieder ist es die Migrationspolitik, die die CDU und auch die Bundestagsfraktion von CDU/CSU in Wallung bringt. Welcher Kurs ist der richtige? Der harte, auch in der Sprache, der klar die Defizite benennt und sagt, was nicht gehen darf? Oder einer, der einladend ist, weil Einwanderung aufgrund des Mangels an Arbeitskräften dringend benötigt wird? Das sind die zwei Pole, zwischen denen sich die Union im Moment eher orientierungslos bewegt. Eine „fraktionsoffene“Diskussionsrunde an diesem Dienstagabend soll
Klarheit und Erkenntnisse bringen. Ohne Beschluss am Ende.
Das Thema lautet „Asylmigration und Integration“. Bei der Positionsbestimmung helfen werden Experten: Der Präsident des Bundesamtes für Migration (BAMF), Hans-Eckhard Sommer, der Migrationsforscher Daniel Thym von der Universität Konstanz und der Sozialstaatsexperte Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg. Rat kann nicht schaden. In einigen Wochen will die Fraktionsführung ein Positionspapier vorlegen.
Nicht erst, aber vor allem seit den Silvesterkrawallen in Berlin und den Äußerungen von Parteichef Friedrich Merz über „kleine Paschas“in Migrantenfamilien brodelt es in der Union. Wobei man sagen muss, dass Merz sich in der Sendung differenzierter geäußert hat – der „Pascha“Satz hängt ihm freilich nach.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte in einem Interview eine offenere Haltung seiner Partei gefordert: „Die CDU ist gut beraten, wenn sie Zuwanderung als etwas Positives begreift.“ Seine Einlassungen werden nun teilweise als Abgrenzung zu Merz verstanden. Und als Plädoyer dafür, in der Migrationsfrage den früheren „Merkel-Kurs“nicht aufzugeben. Dass freilich bereits ein Riss durch die Bundestagsfraktion geht, wird vehement bestritten. „Das sehe ich nicht“, so jemand aus der Führung. Fakt ist aber auch: Unlängst wollten 20 Unionsabgeordnete das Chancen-Aufenthaltsgesetz der Ampel nicht ablehnen – sie stellten sich bei der Abstimmung im Bundestag gegen die von der Fraktionsspitze ausgegebene Marschrichtung und enthielten sich. Viele davon ehemalige „Merkelianer“. Genau auf diese Gruppe wird nun genau geschaut.
Die Wortwahl des Vorsitzenden findet jedenfalls in der Fraktion nicht nur Zustimmung. Verwiesen wird darauf, dass man neben Frauen und jungen Menschen ebenso Wähler aus dem migrantischen Milieu gewinnen müsse, um bei der nächsten Bundestagswahl erfolgreich zu sein. Auch deshalb sollen nun die Haltungen und der Kurs in der Migrationspolitik geklärt werden.