Bei Ford in Köln droht massiver Stellenabbau
3200 Beschäftigte in der Entwicklung und Verwaltung könnten laut dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall ihren Job verlieren. Der Autobauer kommentiert das bislang nicht.
Die Stimmung im Kölner FordWerk ist auf einem Tiefpunkt angelangt: 3200 Angestellte müssen wohl um ihren Arbeitsplatz bangen. Das teilte die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) am Montag nach zwei Betriebsversammlungen mit. Der Betriebsrat hatte die Beschäftigten über die weiteren Pläne der FordWerke GmbH, der deutschen Tochter des US-amerikanischen Autobauers Ford, informiert. Dazu zählt auch ein Stellenabbau in größerem Stil, von dem rund zwei Drittel der Mitarbeitenden in der Entwicklung und jeder Fünfte in der Verwaltung betroffen sein könnten. Zwar legte der Konzern selbst noch keine konkreten Zahlen vor, doch in einem Wirtschaftsausschuss am vergangenen Freitag will der Betriebsrat bereits von den Dimensionen des geplanten Stellenabbaus erfahren haben. Insgesamt arbeiten im Ford-Werk und der Verwaltung in Köln derzeit 14.000 Menschen.
Ford wollte sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu einer möglichen Umstrukturierung äußern. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass der Konzern derzeit seine E-Auto-Produktion vorantreibe. Bis 2030 sollen alle neu verkauften Pkw in der Europäischen Union elektrisch sein, bis 2035 auch alle Nutzfahrzeuge. „Diese Transformation bringt erhebliche Veränderungen mit sich, wie wir FordFahrzeuge entwickeln, bauen und verkaufen, und wird Auswirkungen auf unsere zukünftige Organisationsstruktur
haben“, schrieb die Sprecherin. Weitere Einzelheiten gebe Ford bekannt, sobald die Pläne final seien. Der Autobauer war recht spät in das Geschäft mit Elektroautos eingestiegen und hinkt in der Entwicklung hinterher. Nun soll das Werk in Köln mit einem Milliardenbudget dafür umgebaut und angepasst werden.
Den gleichzeitigen Stellenabbau erkläre das Unternehmen mit einer Zentralisierung in den USA, heißt es von IG Metall. Die Gewerkschaft
verurteilt das aufs Schärfste: „Ford hat den Trend zum E-Auto verschlafen und sägt nun an der Zukunft des Pkw-Markts in Europa“, sagte Paul Heckler, Mitglied der Geschäftsführung bei IG Metall Köln-Leverkusen, unserer Redaktion. Der Autobauer traue den Kölner Beschäftigten nicht zu, wirklich zukunftsträchtige Modelle zu entwickeln. Das sei wie ein Schlag ins Gesicht für sie. Große Unsicherheit mache sich breit, viele hätten Angst, in einigen Jahren auf der Straße zu stehen.
Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer hält die Sorge für durchaus berechtigt. Ford sei in den vergangenen 15 Jahren stetig geschrumpft, habe bereits eine Umstrukturierung in Europa hinter sich. Werke wurden geschlossen, 2020 hatte das Unternehmen mit rund 18.000 Beschäftigten in Köln noch 4000 Arbeitskräfte mehr. Dudenhöffer vermutet, dass Ford das Pkw-Geschäft irgendwann aufgeben könnte und sich nur noch auf die Produktion von Nutzfahrzeugen
konzentrieren werde. „Der Autobauer hat drei Möglichkeiten: Entweder gibt er sein Pkw-Geschäft ab, er saniert es oder fährt es zurück auf null“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Insgesamt bezeichnet er die Zukunftsaussichten von Ford in Deutschland als „überschaubar“.
Die IG Metall fordert nun unter anderem eine Machbarkeitsstudie über die Produktion von Kleinund Mittelklassewagen in Deutschland und in Europa. Der Konzern solle seine Pläne überdenken und
eine verbindliche Zusage für Folgeprojekte geben – mitsamt Entwicklungskapazitäten in der Kölner Produktentwicklung. Dafür werde der Betriebsrat in den kommenden Wochen mit der Unternehmensleitung verhandeln. „Sollten diese Verhandlungen nicht erfolgversprechend im Sinne einer Zukunftssicherung für die Beschäftigten verlaufen, werden wir uns als IG Metall in diesen Prozess mit einschalten“, heißt es in einer Mitteilung der Gewerkschaft. Dabei werde sie auch nicht vor Maßnahmen zurückschrecken, die das Unternehmen nicht nur in Deutschland, sondern europaweit „empfindlich treffen“könnten.
Die Stimmung in den Kölner Ford-Werken sei am Montag nach den Betriebsversammlungen sehr aufgeladen, sagt Heckler. Die Kolleginnen und Kollegen zeigten sich enttäuscht von dem Konzern. Am Samstag kommen die Gewerkschaftsmitglieder wieder zusammen, dann beraten sie darüber, wie es weitergehen soll. Eines ist schon jetzt sicher: Sie werden kämpfen.