1000 Mobilfunkmasten angekündigt, fünf gebaut
Beim Ausbau des eigenen Netzes kann 1&1 das Ziel zum Jahresende 2022 nicht halten. Die Konkurrenz dürfte es freuen, die Kunden haben Pech.
Unerwartet schlecht läuft der Aufbau eines neuen, eigenen Mobilfunknetzes durch die 1&1 AG. Das Unternehmen aus Montabaur hatte noch im Mai angekündigt, gemäß den Auflagen der Bundesnetzagentur bis Ende des Vorjahres 1000 Antennen-Standorte aufgebaut zu haben, tatsächlich sind es fünf geworden. Das geht aus den Unterlagen des am Montag tagenden Beirates der Bundesnetzagentur hervor, die unserer Redaktion vorliegen. „Gemessen daran, dass 1&1 rund eine Milliarde Euro für die ersteigerten Frequenzen zahlt, ist das schon ein peinlich langsamer Start“, sagt der Duisburger
Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott. Die Bundesnetzagentur ist alarmiert und will den Ausbau der Westerwälder „sehr genau prüfen“. Sie werde dann über „das weitere Vorgehen“entscheiden. Die Frequenzen müssten „effizient genutzt werden“, ergänzt die Behörde, hohe Bußgelder seien denkbar.
Für Mobilfunkkunden ist der lahme Netzaufbau von 1&1 keine gute Nachricht: „Es würde dem Markt nur guttun, wenn es neben Telekom, Vodafone und Telefónica noch einen vierten Netzbetreiber gibt“, meint Gerpott. Auch die Politik in Berlin gibt 1&1 noch nicht auf: „Grundsätzlich würde ich es begrüßen, wenn es gelingt, ein viertes Netz aufzubauen“, sagte jüngst Stefan Schnorr,
Staatssekretär im Bundesdigitalministerium, dem „Spiegel“.
Tatsächlich bestätigt der Fehlstart des 1&1-Netzes, wie schwer der Aufbau von Infrastruktur aktuell in Deutschland ist. Der Vodafone-Ableger Vantage Towers hatte sich für viel Geld dazu verpflichtet, für 1&1 rund 850 neue Masten gerade in Großstädten aufzubauen – nun behindern Personalengpässe sowie Lieferprobleme bei Stahl den Start. Die Lage ist so schwierig, dass nach Information unserer Redaktion Techniker von Vodafone halfen, das Netz des neuen Konkurrenten zu planen. Vodafone will dies nicht kommentieren, 1&1 erklärt, nun „im Laufe des Jahres“die ersten 1000 Standorte aufzubauen.
Dabei sind die Pläne von 1&1 interessant: Die Westerwälder wollen speziell in den Städten ein reines 5G-Netz aufbauen, das so leistungsfähig sein soll, dass es stationäre Internetanschlüsse zu großen Teilen ersetzen kann. „Wir starten mit einem Produkt, das Festnetz ersetzt“, hatte Firmengründer Ralph Dommermuth im Mai angekündigt. Anstatt Komponenten von einem der etablierten Betreiber wie Nokia oder Huawei zu kaufen, baut der japanische Konzern Rakuten ein Netz auf, bei dem einfach austauschbare Komponenten (Open Ran) per Glasfaser direkt an Hochleistungsrechner vor Ort angeschlossen sind. „Unser Netz wird das modernste in Europa sein“, sagte Dommermuth.
Auch Vodafone, Telefónica und Telekom planen, ihre Netze mit leicht austauschbaren Teilen günstiger bauen zu können.
Das Vermarkten wird 1&1 nicht schwerfallen. Aktuell hat das Unternehmen nach eigener Aussage elf Millionen Handykunden, die bisher überwiegend über das Netz von Telefónica telefonieren, künftig gäbe es eine neue Arbeitsteilung: In Städten würde das eigene 5G-Netz genutzt und 1&1 müsste dort keine Mietgebühr mehr zahlen. Auf dem Land wäre man Untermieter von Telefónica. „Damit können wir unseren Kunden flächendeckenden Empfang bieten, also auch in Gebieten, wo 1&1-Antennen noch nicht sind“, sagt ein Sprecher.